In dem Verleumdungsprozess zwischen Hollywood-Star Johnny Depp (58) und seiner Ex-Ehefrau Amber Heard (36) muss nun die Jury ein Urteil finden. Richterin Penney Azcarate vom Gericht im Bezirk Fairfax im US-Bundesstaat Virginia hat den Fall am Freitagnachmittag (Ortszeit) an sieben Geschworene übergeben.
Ein Urteil könnte jederzeit fallen. Das Gremium tagt jedoch nur an Wochentagen. Wegen eines Feiertags am Montag stehen weitere Beratungen kommende Woche erst wieder am Dienstag an.
Der Prozesstag in Fairfax hat mit Abschlussplädoyers begonnen. Richterin Azcarate kündigte an, dass die Namen der Geschworenen im Prozess angesichts der Bekanntheit des Falls für ein Jahr geheimgehalten werden. Sie forderte die Jury auch auf, keine Voreingenommenheit zu zeigen, den gesunden Menschenverstand zu verwenden und alle Zeugenaussagen zu berücksichtigen. "Sie dürfen Ihr Urteil in keiner Weise auf Sympathie stützen", fügte sie hinzu.
Johnny Depp hatte seine Ex-Frau Amber Heard auf Verleumdung verklagt, fordert von ihr 50 Millionen Dollar Schmerzensgeld wegen der öffentlichen Andeutung, dass Johnny Depp sie körperlich misshandelt hätte. Amber Heard fordert ebenso 100 Millionen Schmerzensgeld von ihm. Im Prozess gab es viele skurrile Momente und furchtbare Details einer gescheiterten Ehe. Heute fassen die Anwälte für die Jury die wichtigsten Details noch mal zusammen.

Johnny Depps Anwälte beginnen
"Wir bitten Sie, Mr. Depp sein Leben zurückzugeben, indem Sie der Welt sagen, dass Herr Depp nicht der Täter ist, was Frau Heard behauptet. Außerdem bitten wir darum, dass Frau Heard für ihre Lügen zur Rechenschaft gezogen wird", beginnt das Anwaltsteam von Johnny Depp das Abschlussplädoyer für den Schauspieler. Mit visueller Unterstützung durch bereits gezeigte Fotos und Videos ruft die Anwältin der Jury viele verschiedene Momente noch mal ins Gedächtnis. Die Jury sah ein Cover des People-Magazins aus dem Jahr 2016, auf dem Heard mit einem verletzten Gesicht zu sehen war. Diese Fotos habe Heard mit Absicht der Presse zugespielt, obwohl sie privat entstanden seien.
Immer wieder verweist die Anwältin darauf, dass viele der von Amber Heard präsentierten Fotos bearbeitet wurden. Sie vergleicht live zwei Bilder von Amber Heards Gesicht mit den Verletzungen, die sie Johnny Depp zuschreibt. Deutlich ist ein Unterschied erkennbar, das eine Foto hat einen größeren Rotanteil, die Verletzungen sehen schlimmer und deutlicher aus, als bei dem unbearbeiteten Bild. Auch private Fotos der Schauspielerin und welche von Events werden gezeigt und darauf aufmerksam gemacht, welcher körperlicher Missbrauch angeblich am selben Tag stattgefunden haben soll.
"Sie hat Ihnen erzählt, was sie denkt, dass Sie hören müssen, um diesen Mann als Missbrauchstäter und Vergewaltiger zu verurteilen", sagt Depps Verteidigerin Camille Vasquez am Freitag an die sieben Mitglieder der Jury gewandt. "Sie will, dass Sie glauben, dass sie während ihrer Beziehung unzählige Male missbraucht wurde."
Dafür gebe es aber keine Beweise, sagt Vasquez weiter. "Was wir haben, ist ein Berg unbewiesener Anschuldigungen, die wild, übertrieben und unglaubwürdig sind." Vasquez bittet die Jury eindringlich, sich auf die Seite von Depp zu schlagen. "Es geht hier um den guten Namen eines Mannes. Und mehr noch, es geht um das Leben dieses Mannes, das Leben, das er verloren hat, als er eines furchtbaren Verbrechens angeschuldigt wurde." Depp sei nicht der Täter, sondern das Opfer in diesem Fall.
Anwalt Ben Chew aus Johnny Depps Team erinnert die Geschworenen daran, dass niemals eine Frau vor Amber Heard und nach ihr Johnny Depp körperlichen Missbrauchs bezichtigt habe. Ebenso erinnert Chew an die missbräuchliche Kindheit Depps und dass dieser es von klein auf gewohnt war, einer missbräuchlichen Frau, seiner Mutter, ausgesetzt zu sein und schon damals sich lieber versteckt habe.
Chew gibt aber auch zu, dass Depp zugegeben hatte, Drogen und Alkohol konsumiert zu haben und dass er dafür bekannt sei, chronisch spät am Set zu erscheinen. Aber er argumentiert, das habe nichts damit zu tun, warum er Rollen verlor. Depp sei nicht "von Hollywood verstoßen" worden, sondern habe wegen Heards Vorwürfen Rollen wie die des "Jack Sparrow" bei der Filmreihe "Fluch der Karibik" verloren.
"Sie lügt die ganze Zeit", fügt Chew hinzu und sagt, die Schauspielerin habe ihre Missbrauchsvorwürfe zu einer Zeit öffentlich gemacht, als sie ihre größte Rolle in "Aquaman" spielte. Das Plädoyer wird geschlossen mit den Worten, dass Hollywood keinen Filmstar einstellen würde, der des Missbrauchs beschuldigt wurde. Er bittet die Jury um eine finanzielle Entschädigung für Johnny Depp wegen des "Schmerzes und der Demütigung, die durch die Verleumdung von Frau Heard verursacht wurden." Chew war es aber wichtig zu betonen, dass es nicht primär um das Geld geht, sondern dass Depp seinen Namen und sein Vermächtnis für sich und seine Kinder wiederherstellen wolle. "Nur Sie, meine Damen und Herren, können das für ihn tun."
Das Gericht berief nach diesem ersten Plädoyer eine Pause ein.
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Nun ist Amber Heards Team dran, das Abschlussplädoyer zu halten
Ben Rottenborn, einer von Amber Heards Anwaltsteam, startet mit hartem Tobak. An die Geschworenen gerichtet sagte er: "Denken Sie über die Nachricht nach, die Mr. Depp und seine Anwälte an Amber und damit an alle Opfer häuslicher Gewalt auf der ganzen Welt senden: Wenn Sie keine Fotos gemacht haben, ist es nicht passiert. Wenn Sie Fotos gemacht haben, sind sie gefälscht. Wenn du es deinen Freunden nicht gesagt hast, lügst du. Wenn Sie es Ihren Freunden erzählt haben, sind sie Teil des Schwindels."
Rottenborn weißt die Jury darauf hin, dass sie in dem damaligen Interview über häusliche Gewalt auf selbiges natürlich aufmerksam machen wollte, jedoch keine Details der Vorfälle schilderte, so wie sie es nun in diesem Prozess hatte tun müssen. Ebenso sei die Überschrift des Artikels "Meinung | Amber Heard: Ich habe mich gegen sexuelle Gewalt ausgesprochen – und mich dem Zorn unserer Kultur gestellt. Das muss sich ändern" nicht von ihr gewählt worden. Er sagt der Jury, dass sie nicht entscheiden müssen, ob Depp Missbrauch begangen hat, um zugunsten von Heard zu entscheiden. "Der Zweck des Artikels bestand darin, gesetzgeberische Maßnahmen zu fördern, die darauf abzielen, Menschen vor Missbrauch zu schützen", betont er.
Der Anwalt geht dann auf das Argument von Depps Anwaltsteam ein, dass die Missbrauchsvorwürfe der Schauspielerin verdächtig seien, weil sie sich vor dem Prozess nie in ärztliche Behandlung begeben oder öffentlich und namentlich darüber gesprochen habe. "Sie wollen Frau Heard dafür bestrafen, dass sie nicht früher darüber gesprochen hat. Das ist lächerlich und es ist beleidigend und es ist Opferbeschuldigung in seiner ekelhaftesten Form."
Rottenborn betont weiterhin, dass die Jury nicht glauben muss, dass Depp missbräuchlich war, nur dass er während des Prozesses nicht beweisen konnte, dass er sie nie auch nur ein einziges Mal missbraucht hätte. "Es geht nicht darum, wer der bessere Ehepartner ist", sagt er. "Es geht nicht darum, ob Sie glauben, dass Frau Heard Herr Depp möglicherweise missbraucht hat." Wenn die Jury denke, dass beide sich missbräuchlich verhalten hätten, gewinne Amber, fügt er hinzu.
"Geht um so viel mehr als Johnny Depp gegen Amber Heard"
Rottenborn zeigt auch Fotos eines scheinbar ohnmächtigen Depp und verschiedene Nachrichten des Schauspielers an seine Freunde, in denen er schreibt, dass er mit dem Trinken aufhören müsse. Er erinnerte die Jury zudem an mutmaßliche Vorfälle auf einem Flug nach Moskau und einem in Australien. Es gebe "überwältigende Beweise für Missbrauch", so Rottenborn.
Rottenborn: "In diesem Prozess geht es um so viel mehr als Johnny Depp gegen Amber Heard. Es geht um Meinungsfreiheit. Stehen Sie dafür ein, schützen Sie es und weisen Sie Mr. Depps Behauptungen gegen Amber zurück." Heards Anwältin Elaine Bredehoft nennt zum Abschluss Depps Klage "psychischen Missbrauch". "Wir bitten Sie, diesen Mann endlich zur Verantwortung zu ziehen", sagt Bredehoft.
Die Verteidigung der Schauspielerin fordert Depp auf, Verantwortung für sein Fehlverhalten zu übernehmen. "Er hat jedem auf der Welt die Schuld zugeschoben: Seinem Agenten, seinem Manager, seinem Anwalt, Amber, seinen Freunden", sagt Heards Verteidigerin Bredehoft an die sieben Mitglieder der Jury gewandt. "Noch nie hat er für irgendetwas in seinem Leben Verantwortung übernommen. Aber wir fordern Sie dazu auf, ihn dazu zu zwingen, Verantwortung zu übernehmen."