Sie beherrscht ihre Rolle perfekt. Verspielt lächelnd hopst Paris Hilton zwischen den Absperrungen, die sie von den Reportern und Schaulustigen trennen, hin und her. Sie gibt ein paar Autogramme und bleibt immer wieder stehen, damit die Fotografen gute Bilder von ihr schießen können. Posiert, stemmt die Hände in die schmalen Hüften, zeigt ihre Zähne und schlägt dramatisch die getuschten Wimpern auf. Begleitet von Leibwächtern und Kamerateams erklimmt Hilton schließlich die Spitze einer künstlich angelegten Rutschbahn, setzt sich in einen Gummireifen, lässt sich von ihrem Visagisten ein letztes Mal die Frisur richten, das Näschen pudern - und rutscht.
Seit einem Tag ist Partygirl Paris Hilton in Berlin zu Besuch. Auf dem Weg zu einem Fotoshooting sei ihre Limousine am Potsdamer Platz vorbeigefahren, erklärt die PR-Agentur, die für Hiltons Aufenthalt in Berlin verantwortlich ist. Hilton habe beim Anblick der Rodelbahn sofort beschlossen, auch mal rutschen zu wollen. Mit dreistündiger Verspätung ging sie dann tatsächlich auf die Piste. Eigentlich ist Hilton aus beruflichen Gründen in Deutschland. Unter dem Slogan "Feel Rich" wirbt sie für Prosecco aus der Dose und stellt außerdem eine neue Stiftung vor: In Kooperation mit Dosenprosecco-Gründer Günther Aloys will sie künftig Wüstenregionen mit dem Wasser aus Eisbergen versorgen. Bevor die 26-jährige Millionenerbin zurück in die Vereinigten Staaten fliegt, will sie am Freitagabend noch eine Abschiedsparty im Club "Bangaluu" feiern.
"Das ist mir vollkommen einerlei, ob die hier rutscht", sagt die Frau im Kassenhäuschen der Rodelbahn. Prominenz sei schließlich immer mal wieder vor Ort. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) eröffne den Weihnachtsmarkt jedes Jahr. "Rodeln tut der aber nicht", so die Mitarbeiterin.
Lieber dem Enkel als der Hilton zusehen
Auch die Besucher des Weihnachtsmarkts nehmen den Auftritt der Prominenz eher gelassen hin. "Die Hilton kommt ja sowieso immer zu spät", bemerkt Brigitte Jäger. Sie sei aber ohnehin nicht wegen der Hotelerbin da, sondern wolle ihrem Enkel beim Rodeln zuschauen. Auch andere Passanten, die sich über die vielen Fernsehkameras wundern, ziehen beim Namen der Hotelerbin ein langes Gesicht. "Die ist doch doof" und "Wie kann man die denn gut finden?" scheint die allgemeine Ansicht.
Ein kleiner Junge trifft schließlich den Nagel auf den Kopf: "Wofür ist die denn überhaupt berühmt?", fragt der Fünftklässler. Drei seiner Mitschülerinnen haben die Antwort parat: "Sie ist eine Erbin, sie ist reich, und sie war im Gefängnis", erklären Anica, Delia und Alicia.
"Ich mag es"
Doch der Junge hat Recht: Hilton ist in erster Linie berühmt fürs Berühmtsein. Nach ein paar kleineren Model- und Schauspielversuchen wurde sie erst richtig bekannt, nachdem ihr Exfreund sie mit dem im Internet veröffentlichten Video "One Night in Paris" zum unfreiwilligen Pornostar machte. Seitdem gilt sie in der Klatschpresse als skandalträchtiges Partygirl. 2004 wurde sie zur dümmsten Frau des Jahres gewählt, 2005 zur am schlechten Gekleidedsten. 2006 erhielt sie den "Anti-Oscar", die Goldene Himbeere - als schlechteste Nebendarstellerin in dem Film "House of Wax". Das Guinness Buch der Rekorde kürte sie im vergangenen Jahr zur "am meisten überbewerteten Persönlichkeit". So überbewertet sie auch sein mag: Paris Hilton ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Sie hat ein Modelabel, ein Plattenlabel, vertreibt ein eigenes Parfum. Für Modelaufträge bekommt sie Millionen, sogar für ihre Anwesenheit auf Partys lässt sie sich bezahlen. Medienberichten zufolge hat sie ihr Erbe in Höhe von 224 Millionen US-Dollar in den vergangenen Jahren verdoppelt.
Mit silbern glitzernder Mütze und passender Jacke taucht die berüchtigte Blonde doch noch am Weihnachtsmarkt auf. Und obwohl niemand zugibt, sie zu mögen, bildet sich sehr schnell eine sehr große Menschentraube um die Rodelbahn. Hilton ist das vermutlich egal. Sie macht hier nur einen kurzen Job. Auf die ständigen "Paris - hier!"-Rufe der Fotografen reagiert sie nicht. Nach ein paar Pflichtfotos vor den Pappaufstellern der Dosen-Proseccos, für die sie wirbt, rutscht sie. "Ich mag es", sagt die gebürtige New Yorkerin und macht sich noch einmal auf den Weg nach oben. Rutscht erneut, diesmal mit Sonnenbrille. Aus den Lautsprecherboxen tönt Jingle Bells. "Das hat wirklich Spaß gemacht", bleibt ihr einziger Kommentar. Nach der Rutschpartie verschwindet sie genauso plötzlich, wie sie aufgetaucht ist. Ob sie auf das Rodeln wirklich Wert gelegt hat, oder ob es nur ein weiterer PR-Gag war, bleibt ihr Geheimnis.