Tel Aviv Jiddischer Dichter Abraham Sutzkever gestorben

Der bedeutende jiddische Dichter Abraham Sutzkever ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Israelische Medien berichteten am Donnerstag, er sei am Dienstag in Tel Aviv einer schweren Krankheit erlegen.

Der bedeutende jiddische Dichter Abraham Sutzkever ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Israelische Medien berichteten am Donnerstag, er sei am Dienstag in Tel Aviv einer schweren Krankheit erlegen. Der 1913 in Smorgon bei Wilna geborene Sutzkever war einer der letzten Überlebenden des Ghettos von Wilna, der heutigen Hauptstadt Litauens Vilnius. Er konnte während des Kriegs wertvolles jüdisches Kulturgut und Bücher retten, die in der "Sutzkever-Kaczerginski-Collection" in New York aufbewahrt werden.

Nach der Zerstörung des Ghettos gelang ihm mit seiner Frau die Flucht in die umliegenden Wälder, wo er sich Partisanen anschloss. Die Erfahrungen seiner Ghetto-Zeit finden sich in dem Dokument "Wilner Getto", das vor wenigen Monaten auch in deutscher Übersetzung erschienen ist. Nach dem Krieg war er einer der Hauptzeugen bei den Nürnberger Prozessen. 1947 Jahr emigrierte er nach Israel. In Tel Aviv gründete Sutzkever "Die goldene Kejt" (Die goldene Kette), eine Zeitschrift für jiddische Poesie. Seine Gedichte wurden in viele Sprachen übersetzt. Unter dem Titel "Gesänge vom Meer des Todes" erschienen im vergangenen Jahr auf Deutsch eine Reihe seiner Werke.

Der israelische Literaturexperte Matan Hermoni sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa am Donnerstag, Sutzkever sei "einer der größten jiddischen Dichter des vergangenen Jahrhunderts" gewesen. "Mit ihm haben wir den letzten der Giganten verloren, der noch am Leben war." Sein Werk habe "das Schicksal des osteuropäischen Judentums widergespiegelt, vom Leben in der Diaspora über den Holocaust und bis zum Leben im Staat Israel". Einer der Übersetzer Sutzkevers, Roy Greenwald, hob dessen "klassischen Stil" hervor. Er habe der Volkssprache ein "neues Element der Klarheit verliehen" und mit seinen Gedichten eine "große, ewige Poesie" geschaffen.

In einer Mitteilung des Ammann-Verlags in Zürich wurde hervorgehoben, dass Sutzkevers dichterisches Werk in eindrücklichen Gedichten die Leiden des jüdischen Volkes während der NS-Zeit thematisiere, der Autor sich später aber auch mit israelischen Gegenwartsfragen befasst habe.

Für seine Bemühungen um den Erhalt der jiddischen Sprache wurde Sutzkever 1985 mit dem in seiner neuen Heimat sehr bedeutenden Israel-Preis ausgezeichnet. Er hinterlässt zwei Töchter und zwei Enkeltöchter, darunter die Schauspielerin Hadas Kalderon.

DPA
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