Sie war ein schönes Mädchen mit grünen Augen und Haaren wie Rapunzel. Sie kam aus Kasachstan, nun lebte sie in New York und war auf dem Weg, ein Topmodel zu werden; sie hatte es auf das Cover der "Vogue" geschafft und war für Christian Dior, Vera Wang oder Donna Karan über den Laufsteg gelaufen. Und sie hatte einen neuen Freund, mit dem sie seit März zusammen war. Es sah so aus, als habe Ruslana Korshunova alles, was man sich als junge Frau wünschen kann, aber dann nahm sie sich das Leben.
Am Wochenende, vier Tage vor ihrem 21. Geburtstag, sprang Ruslana Korshunova in den Tod; sie stürzte aus dem neunten Stock eines Gebäudes in der Water Street in Downtown Manhattan, in dem sich ihre Wohnung befand. Wenig später deckten Polizisten ein weißes Tuch über ihren leblosen Körper. Es gibt Augenzeugen, die sie haben springen sehen. Von einem Balkon, der wegen Bauarbeiten mit einem Netz gesichert war; da dieses durchgeschnitten gewesen sei und nichts auf Fremdverschulden hindeute, geht die Polizei von Selbstmord aus. Korshunova hinterließ keinen Abschiedsbrief, nichts. Nun liegen Orchideen, brennen Kerzen vor ihrem Haus, und ihre Familie, ihre Freunde - alle fragen sich: Warum?
Den letzten Abend verbrachte Korshunova mit dem Ex-Freund
Es ging ihr gut", sagt Mark Kaminsky, 34, seit drei Monaten ihr Freund, ein Autoverkäufer aus Staten Island, der sie am Samstagmittag noch sah, zwei Stunden vor ihrem Tod. "Wir waren sehr glücklich", sagt er. Aber war Ruslana Korshunova das wirklich: Glücklich? "Ich glaube, sie hat aufgegeben", sagt Artem Perchenok, 24, ihr Ex-Freund, der mit Korshunova die letzte Nacht ihres kurzen Lebens verbrachte: Drüben, im Haus seiner Eltern in Queens, hatten die beiden sich den Film "Ghost" angeschaut, bevor er Ruslana nachts um vier heim fuhr nach Manhattan. "Vielleicht ist sie gekommen, um sich zu verabschieden", sagt Perchenok.
Korshunova sei ein Mädchen gewesen, das Probleme gern mit sich selbst ausmachte, "wenn etwas nicht lief, behielt sie das meist für sich. Vielleicht war sie überarbeitet, es ging ja gut voran mit ihrer Karriere. Aber ihre Familie war weit weg und hier gab es nun Menschen, die ihr sagten, was sie zu essen und wie sie zu gehen habe." Sie sei verloren, "werde ich mich jemals finden?", das schrieb Korshunova im März auf einer Website. Sie stammte aus Almaty in Südost-Kasachstan, vor fünf Jahren wurde sie entdeckt: Da fiel der Modelagentin Debbie Jones ein Magazin mit einem Bericht über Almaty in die Hände, mit einem Foto von der jungen Ruslana. "Sie sah aus wie eine Märchenfigur", sagte Jones später. Es dauerte nicht lange, und die britische "Vogue" feierte Korshunova als "ein Gesicht, an das man sich erinnern wird."
Karriere statt Kindheit
Vielleicht ging es alles zu schnell, vielleicht war es alles zu viel: In einem Alter, in dem andere Mädchen eine Jugend hinter sich haben, konnte Korshunova auf eine Karriere zurückblicken. "Sie verdiente gutes Geld, aber sie wollte so schnell wie möglich raus aus dem Model-Geschäft. Sie war kein neues Mädchen mehr, das deprimierte sie", sagt ein Freund von Korshunova. Sie habe ihren Geburtstag gefürchtet: "Ich werde 21, wie traurig", soll sie vor ein paar Tagen gesagt haben. Und über Magenschmerzen soll sie geklagt haben; die Polizei fand verschiedene Medikamente in ihrem Apartment, alle mit russischer Aufschrift.
Es heißt, Ruslana Korshunova habe regelmäßig Geld zu ihrer Familie nach Almaty geschickt. Heute werden ihre Mutter und ihr Bruder in New York erwartet. Sie kommen, um ihren Leichnam nach Hause zu bringen.