Sie sei Russin und liebe ihr Heimatland, machte Opernsängerin Anna Netrebko gerade erst auf Instagram deutlich. "Aber ich habe viele Freunde in der Ukraine, und der Schmerz und das Leid brechen mir das Herz. Ich möchte, dass dieser Krieg aufhört und die Menschen in Frieden leben können. Das erhoffe ich mir und dafür bete ich", schrieb Netrebko.
Ukraine-Krieg: Anna Netrebko möchte "unpolitisch" sein
Gleichzeitig sei sie "unpolitisch" und kritisierte, "Künstler oder irgendeine öffentliche Person zu zwingen, ihre politischen Ansichten öffentlich zu machen und ihr Vaterland zu beschimpfen". Netrebko schrieb das nicht grundlos.
Dahinter stecken die Schlagzeilen um Netrebkos Vertrauten, den russischen Dirigenten und Putin-Vertrauten Valery Gergiev. Amerikanische, italienische, britische, holländische und österreichische Opernhäuser haben sich bereits von Gergiev distanziert, nun wurde er auch als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker abgesetzt. "Valery Gergiev hat sich trotz meiner Aufforderung, sich eindeutig und unmissverständlich von dem brutalen Angriffskrieg zu distanzieren, den Putin gegen die Ukraine und nun insbesondere auch gegen unsere Partnerstadt Kiew führt, nicht geäußert", erklärte Oberbürgermeister Dieter Reiter. Die bayrische Staatsoper annullierte nicht nur Gergievs Engagement, sondern auch das für Netrebko. Grund sei die "fehlende ausreichende Distanzierung", so Serge Dorny, Leiter der Oper.
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Sie unterstützte ostukrainischen Separatistenführer
Auch für Netrebko hat der Ukraine-Krieg also Folgen. Obwohl sie sagt, sie sei keine politische Person, zeigte sie sich in der Vergangenheit als Unterstützerin Putins. So feierte Netrebko vor nicht mal einem halben Jahr ihren 50. Geburtstag mit einer großen Gala im Kreml. 2012 warb sie für Putins Wiederwahl. 2014 ließ sie sich mit dem ostukrainischen Separatistenführer Oleg Zarjow fotografieren, schwang dabei die "Neurussland"-Fahne. So nannten die Aufständischen die Regionen um Donezk und Luhansk in der Ostukraine. Es zeigt sich also: Ganz so unpolitisch ist Netrebko dann doch nicht.
Auf Twitter hat sich auch Satiriker Jan Böhmermann zu ihrem Fall geäußert. Denn der könnte sich jetzt konkret zuspitzen. "Vor einem halben Jahr hat Starsopranistin Anna Netrebko im Kreml ihren 50. Geburtstag gefeiert. Morgen Abend singt sie in der Elbphilharmonie in Hamburg", schrieb Böhmermann und fügte hinzu: "Nichts ist unpolitisch, niemals, und schon gar nicht die Kunst."
+++ Update 14.45 Uhr +++
Anna Netrebko hat ihren Auftritt in der Hamburger Elbphilharmonie abgesagt. "Das morgige Netrebko Konzert in der Elbphilharmonie fällt aus! Anna Netrebko hat die Entscheidung getroffen, sich bis auf Weiteres aus dem Konzertleben zurückzuziehen: 'Es ist nicht die richtige Zeit für mich aufzutreten und zu musizieren.' Als Ersatztermin für das Konzert ist der 07.09.2022 vorgesehen", verkündet der Twitter-Kanal des Konzerthauses.
Quellen: "Süddeutsche Zeitung" / "Spiegel" / "BR24"