Los Angeles. Leicht und locker trabt der 250 Millionen Dollar Mann im gelben Herbalife-Trikot über den gepflegten Rasen des Home Depot Centers in Carson. Die Sonne erwärmt den leeren Stadionkessel schon morgens um zehn Uhr auf schweißtreibende 33 Grad Celsius. David Beckham schwitzt. Ein "Balljunge" eilt herbei, um dem erschöpften Superstar der Los Angeles Galaxy ein gesponsertes Handtuch zu überreichen. Die bestellten Fotografen halten drauf. Beckham-Action in Lala-Land. Viel mehr geht auch erst einmal nicht, der Knöchel. Macht aber nichts. Beckham hat ja noch andere Aufgaben neben dem Fußball.
Live-Interviews, Foto-Shoots, Auftritte in Talkshows, neue Interviews, Shopping mit der Familie im Spielzeugladen Toys"R"Us, dann der gemütliche Nachmittag mit Funktionären beim "MLS All Star Team" in Denver. "Ja, der David ist ein beschäftigter Mann", witzelt Bill Plaschke, beißender Sportkolumnist der "Los Angeles Times". Und spricht das aus, was Insider schon lange wissen. David Beckham ist natürlich nicht nach Amerika gekommen, um die Regionalkicker der Galaxy zur Meisterschaft zu führen, oder gar - einem Propheten ähnlich - die Randsport aus dem Abseits ins gleißende Scheinwerferlicht zu führen, "auch wenn er das wann immer möglich propagiert", so Plaschke. Derzeit steht der Verein auf dem vorletzten Tabellenplatz und scheint von den "Play Offs" nur träumen zu dürfen.
Nein, Beckham ist ins Fußballentwicklungsland Amerika gewechselt, weil er einen sensationellen Marketing-Deal mit seinem neuen Arbeitgeber Philip Anschutz abgeschlossen hat. Ein Marketing-Deal, der nicht nur Beckham über einen Zeitraum von fünf Jahren 250 Millionen Dollar einbringt, sondern von dem sich auch die Anschutz Entertainment Group eine lukratives Scheibchen abschneiden möchte.
Philip Anschutz ist ein Milliardär aus dem US-Bundesstaat Colorado. Geschätztes Vermögen: 7,5 Milliarden Dollar. Reich wurde Anschutz durch Investitionen in Öl und Eisenbahnprojekte. Einer wie Anschutz muss sein Geld gut anlagen, damit die Steuer nicht alles wegfrisst. Anschutz investiert seine Dollars heute deshalb gern in Sportarenen. Und die können, so sie denn multifunktional genutzt und immer gut besucht sind, viel Geld einbringen. Die Los Angeles Lakers und die Eishockey-Spieler der LA Kings spielen im Anschutz-Staples Center in Los Angeles, in London erstand die Anschutz Gruppe den bankrotten Millenium Dome und nannte ihn in "The O2" um. Selbst in Deutschland ist Anschutz sportlich aktiv. Ihm gehören die Berliner Eisbären, die demnächst in der neuen Arena am Ostbahnhof den Puck aufs Tor schießen sollen. In der Major League Soccer (MLS) ist Mr. Anschutz seit zwölf Jahren aktiv. Wie aktiv? Einst zählte er sechs Teams sein eigen. Mittlerweile ist das Inventar auf drei Mannschaften zusammengeschrumpft. Der tief religiöse Investor, der die Evolution anzweifelt, ist ein aktiver Unterstützer der Bush-Administration und hatte maßgeblichen Anteil daran, dass im vergangenen Jahr die sogenannte "Salary Cap", also die Deckelsumme, die ein Club für sein Spielerkontingent ausgeben darf, nach oben geöffnet wurde. Dieser Schachzug allein eröffnete die Möglichkeit, einen Star wie Beckham nach Los Angeles zu locken.
Cross-Promotion
Das Ziel der Anschutz-Gruppe mit der Verpflichtung von David Beckham ist klar: Der einstige Star von Real Madrid soll nicht nur Stadien füllen und das Merchandising ankurbeln (ein Beckham-Shirt mit der 23 auf dem Rücken kostet zwischen 85 und 100 Dollar), er soll auch bei anderen Anschutz-Businessdeals Hilfestellung leisten und als Produkt einer multimedialen Cross-Promotion herhalten. Auch wenn Anschutz selbst immer wieder sagt, dass er "einfach nur möchte, dass David den Zuschauern guten Fußball bietet".
So ist Anschutz indirekt auch in das Revival der Spice Girls involviert. Die Ehefrau von David Beckham, Victoria, ist bekanntlich eines der ehemaligen Bandmitglieder. Als "Posh Spice" wirbelte sie Ende der 80er Jahren über die Bühnen. Nun planen die Spice Girls - das Timing wirkt äußerst geschickt - ausgerechnet jetzt, da David Beckham Philip Anschutz als neuen Arbeitgeber hat, eine Wiedervereinigung. Und diese Comeback-Tour soll, wie kann es anders sein, ausgerechnet im "O2" in London und im Staples Center in Los Angeles angekurbelt werden.
Beim Freundschaftsspiel gegen Chelsea nur auf der Bank
Die MLS hat in Beckham also nicht nur einen Fußball-Star gewonnen, sondern auch einen Marketing-Botschafter, der helfen soll, ihre Marke weiterzuentwickeln. Anschutz schielt schon jetzt mit einem Auge nach Asien, ein spannender Markt in Sachen Sportmarketing. In London und Los Angeles unterhält Beckham schon heute Fußball-Akademien für Kinder, weil er ja "so gerne mit den Kleinen zusammenarbeitet". Eine ähnliche Soccer-Akademie soll wohl auch in Asien errichtet werden. Anfang nächsten Jahres plant die L.A. Galaxy eine Asia-Tour. "Mich würde es nicht wundern, wenn Anschutz zu dem Zeitpunkt schon wieder eine neue Sportarena in China oder Korea gekauft hat", so Plaschke.
Bis dahin muss sich David Beckham aber ganz langsam - der Knöchel liegt ja noch auf Eis - an den biederen Alltag der MLS gewöhnen. Sah er in dieser Woche doch zum ersten Mal live im Stadion, wie schlecht die Galaxy wirklich sind. Gegen eine Mannschaft, die sich da "Tigres" nennt, verlor das Team sang- und klanglos 0:3. Am Sonnabend dann kommt Chelsea zum Freundschaftsspiel nach L.A.. David Beckham wird sich das Spiel aus der VIP-Lounge anschauen. Und anschließend zur Grillparty in sein 22 Millionen Dollar-Häuschen in Beverly Hills einladen. Klappern gehört schließlich zum Geschäft. Auch im Fußball. Und David Beckham klappert derzeit so laut wie kein zweiter Fußballstar.