Der Berliner Arbeiter war der erste DDR-Bürger, der am 1. Juli 1990 nach der Währungsunion sein Ostgeld in die begehrte Deutsche Mark tauschte.
Zur Person:
Hans-Joachim Corsalli, 53, lebt mit seiner Frau in Berlin. Der frühere Bauarbeiter ist seit zwei Jahren arbeitslos. Am 1. Juli 1990 hatte Hans-Joachim Corsalli um Mitternacht seine »Mark der DDR« in D-Mark getauscht. Die Banken tauschten damals bis zu 6000 Ost-Mark eins zu eins um, darüber hinaus galt der Kurs von eins zu zwei
Wie viel Geld haben Sie damals getauscht?
2000 Mark, unser ganzes Erspartes. Im Sparen, da war ich gut drin, denn für die Ost-Mark konntest du dir ja nichts kaufen. Als ich das Geld dann nach Hause brachte, habe ich mir die Scheine mit meiner Frau angeguckt - wie Urlaubsfotos.
Was haben Sie davon gekauft?
Wir sind ein paar Tage runter an den Rhein gefahren, zur Loreley. Das war unsere erste Reise in den Westen. Aber das ganze Geld haben wir da natürlich nicht ausgegeben, den Rest brauchten wir zum Leben.
Was war das für ein Gefühl - die so lang ersehnte Währung in den Händen zu halten?
Am Anfang war ich mir über all das gar nicht so bewusst. Und dass ich der Erste aus dem Osten war, der das Westgeld kriegte, erzählten mir erst die Reporter dort. Und auch, dass ich damit in die Geschichte eingehe.
Ist doch auch so, oder?
Dieses West-Gefühl, das kam erst später, als plötzlich in den Geschäften alles in Deutscher Mark ausgezeichnet war. Sonst war das eher ein normaler Geldumtausch.
Um Mitternacht?
Stimmt. Ich war schon nachmittags dahin gefahren, wollte vorher noch mein Auto durchchecken. Meine Frau hatte zu mir gesagt: »Du kannst da nicht jetzt schon hin, mit all dem Geld, das nehmen die dir ab.« Aber mir nimmt keiner einfach mal so was ab. Ich bin jedenfalls hin, habe mir Kaffee mitgenommen, was zu essen und einen Pullover. Und dann haben wir da alle gesessen und gewartet.
Wie war die Stimmung in der Bank?
Das können Sie sich nicht vorstellen, was da auf dem Alex los war. Das war wie bei den Goldgräbern. Da waren unglaublich viele, bestimmt 3000 Leute. Aber es war sehr, sehr gemütlich und lustig. Nur zuletzt, da wurde es hektisch im Gedränge, weil auch viele da waren, die dachten, hier gibt es was umsonst. Dabei hat der Ostbürger doch gelernt, sich vernünftig anzustellen und in der Reihe nicht so zu schubsen und zu drängeln. Da sind sogar welche umgekippt vor Schwäche und Hitze.
Nun müssen Sie sich durch den Euro ein zweites Mal an neues Geld gewöhnen.
Die Umstellung finde ich nicht so schlimm, rechnen kann ich. Aber dass alles so teuer geworden ist und die uns nun für meschugge verkaufen wollen - das geht doch nicht mit rechten Dingen zu. Mein liebstes Geld ist und bleibt nun mal die West-Mark. Auf die haben wir so lange gewartet, die war stabil, dafür hast du alles gekriegt, die hat dir Tür und Tor geöffnet.
Was machen Sie heute?
Ich bin schon seit rund zwei Jahren arbeitslos, vorher war ich auf dem Bau. Dabei habe ich mich überall beworben - Arbeitsamt, private Arbeitsvermittler. Aber mit 53 ist das schwierig, die nehmen doch keinen Opi mehr. So bin ich jetzt Hausmann. Ich wasche ab, mache sauber und koche manchmal auch das Essen. Meine Frau hat Arbeit bei der AOK. Meine
Söhne arbeiten auch, der eine ist Schlosser, der andere Maler.
Trauern Sie den alten Zeiten nach?
Damals hatte ich Arbeit, aber für das Geld gab es nichts zu kaufen. Und wenn du keine Beziehungen hattest, dann warst du damit erschossen. Nein, ich bin zufrieden. Wir wohnen in einer prima Drei-Raum-Wohnung mit Balkon und Blick auf den Kaiser-Supermarkt mit großem Parkplatz. Da habe ich immer was zu gucken. Und am Wochenende fahren wir in den Kleingartenverein. Meine Laube ist mein Ein und Alles. Was will ich denn mehr?
Interview: Andrea Schaper