Der Sohn eines Bauunternehmers war von 1970 bis 1974 britischer Premierminister und verantwortlich für den Beitritt seines Landes in die Europäische Gemeinschaft. 1992 machte ihn die Queen zum SirZur Person :
Der 84-jährige ExPremier Edward Heath sitzt immer noch für die Tories im Unterhaus. Er lebt unter anderem in der Londoner City - nahe bei seinem früheren Amtssitz Downing Street No. 10. 1971 gewann der begeisterte Segler - hier bei einem Törn 1975 - mit seiner Yacht »Morning Cloud III« den »Admirals Cup«. Neben dem Wassersport ist das Dirigieren seine große Leidenschaft
stern: Sir Edward, Sie sind seit über 60 Jahren politisch aktiv. Sieht der tagespolitische Alltag heute anders aus?
Heath: Früher engagierte man sich in der Politik, um etwas zu verändern. Man hatte Ziele, wollte einen Wechsel. Heute ist Politik ein aggressives Geschäft. Es wird zu viel Zeit verschwendet, zu wenig gehandelt.
stern: Sie sind das älteste Mitglied des britischen Parlaments, werden Sie von jüngeren Abgeordneten um Rat gebeten?
Heath: Nein, leider nicht. Ich vermisse den Dialog mit der Jugend. Als ich in die aktive Politik eingestiegen bin, habe ich versucht, Wissen wie ein Schwamm aufzusaugen. Ich habe mich stundenlang mit älteren Abgeordneten unterhalten, wollte deren Meinung in Sachfragen hören. Heute glaubt gleich jeder neue Abgeordnete, ihm liegt die Welt zu Füßen.
stern: Sie wohnen nahe beim Regierungssitz von Premierminister Tony Blair. Hat er Sie schon mal zum Tee eingeladen?
Heath: Nein. Blair will als Modernisierer in die Geschichte eingehen, dabei hat er sich allerdings eine Reihe von Fehlern erlaubt. Er umgibt sich mit jungen Beratern, will ein Land repräsentieren, das sich an der Zukunft orientiert. Ich bin aber der Meinung, dass man die alten Werte nicht alle völlig vergessen darf.
stern: Halten Sie noch Kontakte zu früheren Regierungschefs?
Heath: Ja, ein wenig. Ich bin im Gespräch mit Richard von Weizsäcker und Helmut Schmidt. Auch mit Arafat habe ich noch regelmäßigen Kontakt, er hatte mich 1997 in meinem Haus besucht, und wir haben schon damals laut über eine Neuordnung der Jerusalemfrage nachgedacht.
stern: Sie waren ein begeisterter Segler, mit Ihrer Yacht »Morning Cloud III« gewannen Sie 1971 sogar den »Admirals Cup«. Schauen Sie heute nur noch vom Sofa aus aufs Meer?
Heath: Nein, ich fahre noch regelmäßig hinaus. Ich nehme natürlich nicht mehr an Wettkämpfen teil, kann mich aber der Faszination Wasser nicht entziehen. Ich hatte 1979 auch keine Zweifel an diesem Sport, als 17 Segler bei einem Wettkampf ums Leben kamen. Man darf die Gewalten halt nicht unterschätzen.
stern: Sind Sie selbst mal in eine gefährliche Situation gekommen?
Heath: Nein, ich habe immer Risiken einkalkuliert. Heute spiele ich gelegentlich Golf, ein Sport, der relativ ungefährlich ist, es sei denn, Sie bekommen den Ball vor den Kopf.
stern: Waren Sie sich Ihres Risikos bewusst, als Sie 1990 auf dem Höhepunkt des Golfkrieges zu Saddam Hussein flogen, um über die Freilassung der britischen Geiseln zu verhandeln?
Heath: Es gab Momente, in denen ich mir nicht sicher war, ob Saddam mich nicht auch festhalten würde. Ich flog damals in den Irak, ohne zu wissen, ob Saddam mich empfängt. Er war sehr nervös bei unserer Unterredung, wirkte unkontrolliert, der Druck der westlichen Welt wäre zu groß gewesen, um jetzt auch noch mich an der Ausreise zu hindern. Ich war erstaunt, dass er mich zum Ende des Gespräches auf meine Musik ansprach.
stern: Hat Ihre Schnelligkeit beim Klavierspielen mit dem Alter nachgelassen, Sir Edward?
Heath: Um dieser Schande zu entgehen, habe ich angefangen zu dirigieren. Es gibt nichts Schöneres, als nach einer Parlamentssitzung zu musizieren.
stern: Sie sind 1994 mit einem bayerischen Orchester in München aufgetreten. In Berlin wird derzeit über die Nachfolge von Daniel Barenboim gestritten, hätten Sie nicht Lust?
Heath: Nein, nein, mich kann die Stadt nicht bezahlen. Aber ich komme natürlich, wenn der Bürgermeister mich einlädt, zu einer Aufführung.
stern: Sie sind überzeugter Junggeselle. Haben Sie sich manchmal allein gefühlt?
Heath: Nein, ich hatte immer einen großen Freundeskreis, habe durch meine Arbeit immer viele Menschen kennen gelernt. Man muss Weichen im Leben stellen, und ich habe die Weiche in diese Richtung gestellt. Außerdem muss ich gestehen, es ist auch nicht einfach ist, mit mir zusammenzuleben.