Der umstrittene deutsche Privatagent, der jahrzehntelang für Bundesregierung und Polizeibehörden verdeckt arbeitete, war im November 1996 in Kolumbien verhaftet und dort für über ein Jahr festgesetzt worden STERN: Sie kommen eine Stunde zu spät zum Interview. Mußte Agent Mauss erst mal sein Gegenüber ausspähen?
MAUSS: Es ist selbstverständlich, daß zu einem Treffen ein gewisses Maß an Vorsicht gehört. Das gilt auch für Journalisten des STERN.
STERN: Vor wem haben Sie Angst?
MAUSS: Es gibt ein ungeheures Bedrohungspotential, wenn man, wie ich, mehr als 30 Jahre lang gegen das Verbrechen gearbeitet hat.
STERN: Tragen Sie denn eine Waffe?
MAUSS: Ich weiß mich sehr gut unsichtbar zu schützen. Meine Waffe ist nicht die Faust oder der Revolver. Meine Waffe ist mein Kopf.
STERN: Seit Ihrer Verhaftung 1996 in Kolumbien kennt die ganze Welt Ihr Gesicht. Kann man so noch erfolgreich als Agent wirken?
MAUSS: Ich war immer sehr flexibel in meinem Berufsleben. Zur Zeit gilt unsere ganze Arbeit dem Frieden in Kolumbien.
STERN: Sie haben sich aber viel vorgenommen. Überschätzen Sie sich da nicht?
MAUSS: Ich will helfen, daß die Gewalt aus dem Konflikt genommen wird. In 40 Jahren Bürgerkrieg ist genug geschossen worden. Das ist nur an einem Friedenstisch zu lösen. Und ich fühle, daß meine Frau und ich das Know-how besitzen und einen kleinen, aber wichtigen Beitrag leisten können. Wir besitzen das Vertrauen der Konfliktparteien. Ob es gelingt, weiß ich nicht.
STERN: Zur Zeit sieht es nicht so gut aus. Gerade haben die ELN-Rebellen ein Flugzeug entführt, halten 32 Geiseln fest...
MAUSS: Wir verurteilen das. Aber man muß die Situation kennen, um das beurteilen zu können. Die wollten die Weltöffentlichkeit aufmerksam machen, daß Paramilitärs in den vergangenen Monaten Hunderte von Zivilisten massakriert haben. Das muß unbedingt schnellstens gestoppt werden.
STERN: Warum fühlen Sie sich berufen, da mitzuhelfen?
MAUSS: Ich habe in den letzten 30 Jahren immer Aufgaben gestellt bekommen, die als nicht zu bewältigen galten. Man hat mich immer dann gerufen, wenn es keine Chance mehr gab. Und ich habe noch nie in meinem Leben eine Aufgabe nicht zu Ende geführt.
STERN: Ihnen ist vorgeworfen worden, daß Sie Ihre Kontakte zur Guerilla benutzen, um Geschäfte mit der Befreiung von Geiseln zu machen.
MAUSS: Jeder weiß, daß meine Frau und ich durch unser Engagement keine finanziellen Vorteile haben. Die Konfliktparteien erwarten, daß wir im Friedensprozeß weiter helfen. Das stimmt einen froh und glücklich. Das ist die Arbeit, die uns erfüllt.
STERN: Wer bezahlt Sie? Wovon leben Sie?
MAUSS: Wir haben Freunde in der ganzen Welt. Und ich habe eine gute Altersversorgung.
STERN: Ist es nicht langsam mal Zeit, in Ruhestand zu gehen?
MAUSS: Ich fühle mich topfit. Meine Frau hält mich jung wie 100 Geliebte.
STERN: Haben Sie eigentlich schon daran gedacht, Ihre Memoiren zu schreiben?
MAUSS: Es gab viele Angebote aus aller Welt. Eine Filmproduktionsgesellschaft aus den USA bot horrende Summen. Aber ich habe keine Zeit. Noch bin ich nicht so weit.
STERN: Erfahren wir dann auch die Wahrheit über den Tod von Uwe Barschel in Genf? Sie waren damals ja ganz in der Nähe...
MAUSS: ... ich kannte Uwe Barschel überhaupt nicht. Auch nicht seine Familie und sein Umfeld. Ich war auch schon seit Jahrzehnten nicht mehr in Kiel. Ich bin gegen Sterbehilfe. Wenn ich ihn gekannt hätte, würde er heute noch leben.