Dessous Leichte Ware

Viel Lärm um einen Hauch von Nichts: Der Wäschekonzern Palmers präsentierte seine neue Kollektion im Wiener Burgtheater.

Keine 24 Stunden ist es her, da wurden hier Gummipuppen zum Oralverkehr genötigt, um in dem Stück "Verschwender" eine Welt des schrankenlosen Konsums zu attackieren. Jetzt, am Abend darauf, ruckeln nackte Hintern über die Bühne, in Szene gesetzt vom Wäschekonzern Palmers. Was ist aus dem Wiener Burgtheater geworden?

Seinen Ursprung

nahm das Schauspiel mit dem Verkauf der Palmers Textil AG im September 2004. Dem Familienunternehmen war in den zehn Jahren zuvor ein gutes Drittel seiner Kundschaft verloren gegangen - überwiegend an die Konkurrenz der Billiganbieter. 90 Jahre nach Firmengründung legte die Familie ihr Unternehmen in die Hände einer Investorengruppe, die ein geschätztes Budget von 25 Millionen Euro in die Renovierung des Wäsche-Riesen stecken will.

Das Geld floss in neue Kleiderbügel, Einkaufstüten und Produktlinien sowie in Kittel für die Verkäuferinnen. Ein kleinerer Teil des Budgets wurde publikumswirksam in der Wiener "Burg" verbraten. Kontakte zum Theater bestehen seit vier Jahren, bei einer Reihe von Inszenierungen hat Palmers Kostümsponsoring betrieben, so etwa bei "Die Katze auf dem heißen Blechdach". Das Burgtheater nämlich wird von finanziellen Sorgen geplagt. Da die Subventionen seit zehn Jahren stag-nieren, wird anderweitig kassiert, wie für die "Palmers Gala Love and Passion", so der Titel des Dessous-Spektakels.

Und das begann wie echtes Theater: mit dem Bimmeln der Pausenglocke, einem spektakulären Aufstieg des Hebe-podests samt Models und mit Bühnen-nebel, der fast so schauerlich waberte wie in Shakespeares "Sturm". Tausend geladene Gäste staunten, und dann betrat noch ein Star die Bühne: Der Sänger Seal bot seelenvollen Gitarrenpop und Anekdoten über Gattin Heidi Klum.

Am Ende der Dessous-Schau gab's viel Applaus und sogar einen Vorhang für die nackerten Damen. Immerhin: Stefan Bachmanns "Verschwender"-Premiere war auf ein paar Vorhänge mehr gekommen. Noch ist an der Wiener Burg also nicht alles verloren.

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Dirk van Versendaal

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