Jette Joop "Wie ein Trüffelschwein"

Modemacher stöbern auf Flohmärkten, Stars tragen Vintage. Warum Markenkleider aus zweiter Hand mehr Spaß machen, erklärt Designerin Jette Joop.

Secondhand-Läden liebe ich. Für mich sind sie wie eine Bank - leider hebe ich mehr ab, als ich einzahle. In meinem Lieblingsladen "D'or" in Hamburg fühle ich mich wie ein Trüffelschwein oder Jäger, immer auf der Suche nach toller Beute. Einmal habe ich einen Mantel von Prada geschossen, so gut wie neu und für ein Fünftel des Originalpreises. Wenn man hochwertige Designer-Outfits zum Schnäppchenpreis bekommen will, muss man aber mindestens zweimal pro Woche im Geschäft vorbeischauen, die besten Sachen sind nämlich immer sofort weg.

Mit Ausnahme von Pullovern erwerbe ich fast alles secondhand. Nur enge Teile müssen neu sein. Viele Stücke, die ich aus zweiter Hand kaufe, sind von Jil Sander, Chloé oder Yves Saint Laurent. Mit etwas Glück finde ich manchmal sogar Teile aus der aktuellen Saison. Die stammen entweder aus Fehlkäufen wohlhabender Damen oder direkt vom Designer - so können sie ihre Überhangware noch gut verkaufen, statt sie zu verramschen.

Es gibt, glaube ich, zwei Gründe, gebrauchte Kleidung zu kaufen. Entweder man hat wirklich nicht genug Geld, oder man hat reichlich, findet Secondhand aber aufregend. Das gibt dir nämlich das Gefühl, jung, hip und unabhängig zu sein, während der Einkauf in der Luxusboutique nur halb so glücklich macht. Diese ungerechtfertigten Höchstpreise, die man manchmal zahlt, empfinde ich oft wie eine Höchststrafe - für die eigenen Kaufsünden.

Wenn ich secondhand einkaufe, habe ich nicht so ein schlechtes Gewissen. Aber auch das kann zum Problem werden, denn ich gebe so noch mehr Geld aus. Im Secondhand-Shop denke ich immer, oh super, wie billig. Dann nehme ich ein Kleid für 500 Euro mit, nur weil ich weiß, der Originalpreis war dreimal so hoch. Meine Fehlkäufe hebe ich trotzdem oft auf, als Designerin dient mir meine Kleidersammlung auch als Inspiration. Ralph Lauren hat sich zu diesem Zweck ganze Zimmer mit Vintage-Stücken einrichten lassen.

Zweimal im Jahr miste ich aus. Nur von Gürteln, Taschen, Schuhen kann ich mich nicht trennen und schon gar nicht von Kleidern, in denen ich etwas Besonderes erlebt habe. Sie sind wie alte Fotos.

Ich denke, Vintage- und Secondhand-Mode sind heute auch deshalb so ein großes Thema, weil die Leute politisch korrekt sein wollen. Die Zeiten sind schlecht, die Wirtschaft ist in der Krise, da ist soziale Provokation durch schamlosen Konsum nicht angebracht. Und mit Secondhand-Sachen kommt man sich eben nicht so bourgeois vor.

Jette Joop

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