Das Motto der Mailänder Herren-Modemesse lautet auch in diesem Jahr wieder: Übertreffe den Konkurrenten um jeden Preis. Zum Auftakt der Shows von Versace und Dolce & Gabbana defilierten deshalb keine männlichen Models über die Laufstege, sondern weibliche Superstars wie Eva Herzigova, Naomi Campbell und Fernanda Tavares. Die Idee verfehlte ihre Wirkung nicht und sorgte bei den Herren der Schöpfung für Aufsehen.
Harte Kerle bei D & G
Herrenmode gab es dennoch zu sehen. Der Stil bei D & G war eher streng. Das Mailänder Designerduo wartete mit Kleidungsstücken und derben Stiefeln auf, die sich per Gurt festzurren lassen. Außerdem kleiden Bomberjacken und Hosen im glänzenden Astronauten-Look, schwere Stiefel und weite Hosen a la Rapper aus der Bronx den ganzen Mann.
Die amerikanische Schauspielerin Sharon Stone war umjubelter Ehrengast des Defilees bei Donatella Versace. Mit den schmal auf den Körper geschnittenen, figurbetonten Kleidern dürfte Stone in Hollywood keine Probleme bekommen. Fraglich nur, ob sie dazu auch den abgewetzten Armee-Parka tragen würde. Für den Versace-Mann sind ähnliche Kontraste vorgesehen. Elemente aus Sport, Hip-Hop oder Militär vermischen sich mit männlicher Eleganz. Hemden und Krawatten finden in diesem Bild überhaupt keinen Platz. Unter dem Anzug werden stattdessen farbige Kaschmirpullis getragen. Darüber präsentierte der Modekonzern wuchtige, überweit geschnittene Jacken- und Mantelformen.
Schroff statt elegant
Bei der Engländerin Vivienne Westwood verstärken Ledereinsätze an Schulter und Ellbogen die Sakkos. Den sportlichen Teil besetzt Westwood mit seidig glänzenden Overalls. Dass bei ihren Hosen die Innenseite nach außen gewendet wurde, mag vielleicht nur ein Show-Gag sein, unterstreicht aber die Mailänder Distanz zur glatten Eleganz.
Diesen Trend unterstützt auch Piero Cividini, wie Westwood Modedozent an der Berliner Universität der Künste. Der Designer aus Bergamo verzichtet zwar auf den allzu plakativen Sport, doch immerhin prangen aufgesetzte Taschen auf den Westen, Strickjacken und Parkas des Designers aus Bergamo.
Mode für "weltgewandten Träumer"
Die Cividini-Kollektion soll den "weltgewandten Träumer" ansprechen. Das ist eine besondere Spezies, die im Rhythmus der Großstadt lebt, sich aber konsequent jedem Versuch der Konditionierung und Standardisierung widersetzt“, erklärt der Designer höchstpersönlich. Die Kollektion ist daher klassisch: Jacken mit präziser Schnittführung aus Kaschmir und Leder, schlanke Hosen aus Schur- oder Baumwolle, Oberhemden im dezenten Airbrush-Verfahren. Alles in den Farben blau, grau, schwarz und braun.
„Mit der Mode ist es wie mit dem Auto kaufen“, erklärt Cividini. „Intelligente Menschen kaufen einen Porsche nicht, weil er in ist, sondern wegen seiner technischen Qualität. Um sich davon zu überzeugen, müssen sie Probe fahren. Meine Klienten wollen daher die Ware anfassen. Sie kaufen nicht nur die Marke, sondern auch die Qualität.“
Mode für Herbst/Winter 2003/2004
Noch bis zum Ende der Woche zeigen die Designer ihre Kollektionen für Herbst/Winter 2003/04 und lassen ihrer Fantasie freien Lauf.