Paris Fashion Week Die Superlativ-Formel

Von Cathrin Wißmann, Paris
Wer heute Kleider entwirft, muss das Gesamtpaket liefern: eine spektakuläre Show ebenso wie eine prominent besetzte Front Row. Bei den Prêt-à-porter-Schauen in Paris zeigten Labels wie Chanel, Dior und Saint Laurent, wie es geht.

Als Karl Lagerfeld nach seiner erfolgreichen Chanel-Präsentation zur Dankesrunde antrat, hob er als erstes eine karierte Jacke auf, die eines seiner Models auf dem Laufsteg fallen gelassen hatte. Ein Kopfschütteln, ein Lächeln, fast so, wie es ein Großvater machen würde, der seinen Enkeln hinterher räumt. Ordnung muss sein, da ist Lagerfeld eben deutsch durch und durch. Gut gelaunt ging der Designer, der seit 32 Jahren den Look von Chanel prägt, über den Catwalk und ließ sich von seinen 2500 Gästen beklatschen.
Und Lagerfeld hatte allen Grund zur Freude. Wieder einmal hat er es geschafft, sein Publikum zum Staunen zu bringen. Nachdem er seine Chanel-Mode bereits in einem nachgebauten Casino, Supermarkt, der Rue Cambon und einer Brasserie gezeigt hatte, legte er für den Sommer 2016 eine Schippe drauf. Die historische Halle des Grand Palais glich der Abflughalle eines Flughafens. Anzeigetafeln, Check-in-Schalter, Kofferwagen, Metallsitzbänke und das Gate Nr. 5: Etwa 100 Models, darunter Stars wie Kendall Jenner, Edie Campbell und Anna Ewers, liefen über den "Airport Paris-Cambon". Passend zum Showthema trugen sie Tweed-Kostüme mit Tricolore-Streifen, die nicht nur an Frankreichs Nationalfarben, sondern auch an die Kostüme von Air France-Stewardessen erinnerten. Zudem sah man Kleider mit graphischen Flugzeug-Drucken, wallende Röcke über Hosen, Flieger-Broschen sowie übergroße Pilotenbrillen. Die Kollektion war ebenso elegant wie praktisch, denn die Models schritten mit halbhohen Seventies-Sandalen und futuristischen Trekkingmodellen samt Leuchtstreifen durch den Terminal. Mit seiner "Chanel Airlines"-Kollektion hat der 82-Jährige wieder einmal gezeigt, wie man heute erfolgreich Mode kreiert. Denn so stilsicher seine Sommerlooks auch aussahen - sie allein werden nicht ausschlaggebend sein für den Erfolg der Kollektion. Wer heute Kleider entwirft, muss das Gesamtpaket liefern. Dazu gehört eine Show der Superlative: ein atemberaubendes Setting, Prominente - bei Chanel saßen Vanessa Paradis, Lily-Rose Depp und Lewis Hamilton - ebenso wie Instagram-Stars, zum Beispiel die Britin Cara Delevingne.

Millionen-Ausgaben für eine 20-minütige Show
Auch andere Designhäuser setzten in den letzten Tagen auf diese Erfolgs-Formel. So inszenierte der belgische Designer Raf Simons einen meterhohen Berg aus 300.000 Rittersporn-Blumen, in der seine Show für Dior stattfand. Bei Saint Laurent wurde ebenfalls enormer Aufwand betrieben: Für seine Präsentation ließ Designer Hedi Slimane einen riesigen, rotierenden Kubus samt Lichtshow am Anfang des Catwalks errichten. Dass diese Modehäuser Millionen ausgeben für eine Schau, die nicht länger als 20 Minuten dauert, mag manch einem nicht einleuchten. Doch die Rechnung geht auf. Denn kaum hat das letzte Model den Catwalk verlassen, gehen die Bilder mithilfe Sozialer Plattformen um die Welt.

Bei Chanel löste vor allem Cara Delevingne einen Medienhype aus. Die Fotos des Ex-Models, dem auf Instagram 20 Millionen Menschen folgen, erhielten nur wenige Stunden nach der Show bis zu 900.000 Likes. Und so ließ sich Karl Lagerfeld auf seiner Dankesrunde nur zu gern von Delevingne, die aus dem Publikum aufgesprungen war, durch den Terminal begleiten. Neben der 23-Jährigen sah er zwar aus wie ein Großvater. Doch sein Gewinner-Lächeln zeigte jedem: So wird heute Mode gemacht.

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