Prêt-á-Porter Folklore und Nostalgie in Paris

Die Damenmode-Designer träumten bei der Pariser Prêt-á-Porter-Woche fast einhellig von einer Rückkehr der eleganten späten 50er und frühen 60er Jahre. Farbenfroher Protest kam von Kenzos "Reitervölker"-Kollektion.

Die internationalen Kollektionsschauen der Damenmode für Herbst/Winter 2004/5 sind am Dienstag in Paris zu Ende gegangen. Acht Tage lang hatten die französischen Designer in 84 Schauen innerhalb und rund 20 Präsentationen außerhalb des offiziellen Kalenders ihre Prêt-á-Porter-Entwürfe gezeigt. Letzter Höhepunkt des Spektakels war die Kenzo-Schau am Montag, bei der der 43-jährige Sarde Antonio Marras sein Debüt für die einst vom Japaner Kenzo gegründete Marke gab. Marras zeigte seine Entwürfe bisher unter eigenem Namen in Mailand. Bei Kenzo bewies er sein Gespür für Farben und Stoffe.

Schwelgen in Seide, Leder und Wolle

Die Kollektion war alten Reitervölkern "zwischen Ungarn und der Mandschurei" gewidmet und mixte gekonnt Folkloristisches mit Elementen klassischer Schneiderkunst. Schimmernde Shantungseide, Damast, Mohair, Jeans, Leder und Glencheck-Wolle wurden übereinander gewickelt und drapiert zu voluminösen Jacken und weiten kniekurzen Röcken. Fuchsia und Burgunder, tiefes Braun, Gold, Türkis und Grün ergaben unerwartete Harmonien. Hinzu kamen Schmuckelemente wie Stickereien, Silberknöpfe und Ketten.

Jugendliche Grazie ist das Ideal

Marras scherte mit seinen Entwürfen aus der eher nostalgischen Linie seiner Designer-Kollegen aus. Nach dem Revival der Nachkriegsmode für diesen Sommer sollen in deren Augen die späten 50er und frühen 60er Jahre im kommenden Winter ihr Comeback feiern. Damenhafte Eleganz und jugendliche Grazie bestimmten die Kollektionen der Pariser Prêt-á-Porter-Damenmode. Kurze Capejacken, Kostümchen mit Dreiviertelarm, Twinsets und viele Versionen des "Kleinen Schwarzen" zogen haufenweise über die Laufstege. Dezente Zierelemente wie Stickereien und aufgesetzte Schleifen kamen hinzu. Die Röcke waren knapp knielang - ob in Bleistiftform, als Glocke oder Ballonrock. Die Hosen reichten oft, ob schmal oder weit, nur bis zur Wade.

Luxus pur bei Louis Vuitton

Eines der letzten großen Häuser, das die neue Mode zeigte, war die Marke Louis Vuitton. Designer Marc Jacobs eröffnete die Show mit einem Mantel in rot-grünem Schottenkaro und mit Pelzkragen, schmaler Taille, glockigem Schoß und Tüllrock darunter. Der mädchenhafte Eindruck gab den Ton für die Kollektion an. Ein vanillegelber schmaler Kaschmirpulli trug eine weiße Spitzenborte, schwarze schmale Mäntel zierte ein Tüllcape. Luxuriös wirkten taillierte Pelzmäntel. Ein rotes Mantelkleid mit weißem Spitzenkragen, mehrlagige Abendkleider mit Schleifen oder schmale Perlenketten verstärkten den Eindruck, dass hier höhere Töchter über den Laufsteg schritten.

Der Texaner Tom Ford zeigte zum Abschied bei Yves Saint Laurent viel Schwarz und Grau sowie Satin-Stoffe. Außerdem setzte der Kult-Desinger auf einen asiatisch angehauchten Look mit Kimono-Modellen. In Mailand war Ford, der nach Interviewäußerungen künftig einen Film drehen will, bei seiner letzten Gucci-Schau Ende Februar gefeiert worden.

Alber-Elbaz bedient sich auch an den 30er Jahren

Der israelisch-amerikanische Designer Alber Elbaz gilt als eines der größten Talente der Zunft. Mit seiner Kollektion für die traditionsreiche französische Modemarke Lanvin bediente er sich neben den 50ern auch bei den 30er Jahren. Sinnlichkeit und lässiger Glamour lockerten hier die ansonsten Trend bestimmende Artigkeit auf. Lange Abendmäntel aus Satin, graue Wickelkleider aus Seidenjersey, Smokinghosen oder schmale schwarze Mäntel zu Schlapphüten erinnerten an Hollywood-Diven wie Katherine Hepburn oder Marlene Dietrich. Raffiniert wirkten Baby-Doll-Kleider mit langen Bändern in Schokoladenbraun. Schälten sich die Models aus einer Chiffonlage heraus, entpuppte sich das Ganze als Minikleid mit Satinträgern.

Flippiges und Buntes bei Castelbajac

Nicht ganz so stimmig wie die perfekt inszenierten Kollektionen von Vuitton oder Lanvin war die von Jean-Charles de Castelbajac. Dafür fiel auch sie aus dem vorherrschenden Retro-Konzert heraus. Futuristisch ging es bei seiner Skimode zu dank technischer Overalls in Weiß mit buntem Aufdruck oder in Pink mit Fellkragen. Ansonsten gab es schwarze gerade Kleider mit schräg aufgesetzten Reißverschlüssen, Tweed in Pastellen und Mohairstrickkleider in Regenbogenfarben. Gag zum Schluss: Um den Körper drapierte Goldkleidchen mit dem Konterfei verschiedener Modeschöpfer und "I Love"-Herz. Fashion-Verrücke können damit ihren Favoriten - etwa Karl (Lagerfeld), Tom (Ford) oder Miuccia (Prada) - ihre Liebe erklären. Selbst für Martin Margiela ist dies möglich, doch ohne Aufdruck seines Gesichts. Der scheue Belgier lässt sich grundsätzlich nicht fotografieren.

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