Wir alle haben die Wohnung voll mit Krimskrams, an dem wir hängen, der aber eigentlich nicht nützlich oder schön ist. Ordnungs-Queen Marie Kondo hat mir beigebracht, diese Dinge loszulassen – und kräftig auszumisten.
Ich bin chaotisch. Und das mit einer gewissen Leidenschaft. Und bisher hatte ich nur bedingt das Bedürfnis, daran etwas zu ändern. Wenn auf meinem Schreibtisch gar kein Platz mehr war, wurde halt einmal radikal aufgeräumt. Ebenso, wenn sich Besuch ansagte. Hat immer leidlich funktioniert. Aber wieso habe ich vor einigen Tagen trotzdem angefangen, mit einem unerklärlichen Feuereifer aufzuräumen? Eine kleine Japanerin ist schuld.
Marie Kondo ist für Insider (zu denen gehörte ich bisher definitiv nicht) die Königin des Aufräumens. Sie hat mittlerweise drei Bestseller übers Aufräumen geschrieben, die sich weltweit unfassbar gut verkauft haben. Gerade startete sogar auf Netflix eine Dokusoap ("Tidying Up with Marie Kondo") mit der 34-Jährigen, die nach ihrem großen Erfolg von Tokio nach Kalifornien zog.
Marie Kondo verkauft einen Lifestyle
Was macht die zierliche Asiatin aber anders als andere Aufräum-Queens? Nun, sie verkauft nicht nur Ordnung oder gute Ratschläge – sie verkauft eine Lebenseinstellung. Einen Lifestyle. Und zwar einen attraktiven. Die hübsche junge Frau ist immer schick gekleidet, lächelt strahlend und postet bezaubernde Fotos aus ihrem rundum perfekt wirkenden Leben bei Instagram. Wo einen zupackende Putzfeen in Haushaltsschürzen und mit entschlossenen Mienen eher abschrecken, hat Marie Kondo einen elfenhaften Charme, dem man sich kaum entziehen kann.
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Und sie hat gute Ideen. Besonders, was all diesen Kleinkram angeht, der sich zu Hause so ansammelt. Mit dem man eigentlich nichts anfangen kann, aber an dem eben Erinnerungen hängen. Aber eigentlich – eigentlich nervt er. Und eigentlich – ja eigentlich, müsste man ihn mal sortieren und verstauen und organisieren, oder? Nein, natürlich muss man das Zeug loswerden!
Genau so würde es jeder normale Mensch auch formulieren. Doch dann würde ein überzeugter Nostalgiker wie ich rufen: Aber nein, diese Muschel ist doch vom Strand in Thailand! Diese Kerze hat mir doch eine Freundin aus der siebten Klasse geschenkt! Und sofort wäre Schluss mit der Lust, zu entrümpeln.
Viele Dinge haben ihre "Aufgabe" längst erfüllt
Marie Kondo macht das geschickter. Sie bringt in ihrem Bestseller "Magic Cleaning" (rororo Verlag) den Lesern bei, dass wir viele Andenken gar nicht mehr brauchen, weil sie ihre "Aufgabe" längst erfüllt haben. Die schöne Erinnerung ist in deinem Kopf, sie muss nicht jahrelang unbeachtet in irgendeiner Kiste rumliegen.
Das teure Kleid, das du nie angezogen hat, hat seinen Zweck schon erfüllt, als du es voller Enthusiasmus in der Einkaufstüte aus dem Laden getragen hast. Und Geschenke erfüllen ihren Zweck, indem sie überreicht werden und sich in dem Augenblick Schenkender und Beschenkter gemeinsam über den Moment freuen. Niemand, der dich wirklich mag, würde wollen, dass du nur aus schlechtem Gewissen etwas behältst, dass dir gar keine Freude macht. Kondo rät, dem Gegenstand für seine Dienste zu danken und ihn "gehen zu lassen". Klingt esoterisch, tut aber seltsam gut.
Überhaupt, Freude: Marie Kondo geht das Aufräumen fast spirituell an und rät, alle Dinge in der Wohnung einmal in die Hand zu nehmen und auf das eigene Gefühl zu lauschen, ob der Gegenstand einem Freude bereitet. Das ist bei Küchenutensilien oder dem Wischmopp vielleicht erstmal seltsam, aber auch da kann man sich ganz pragmatisch fragen: Hilft mir dieses Ding im Alltag? Ist es funktionell und einfach zu benutzen? Brauche ich es wirklich?
Nachdem ich mehr und dann noch mehr und immer mehr zu ihrer Methode gelesen hatte, packte mich die Lust, den ganzen Kram aus meinen vier Wänden zu entsorgen. Große Lust. Viele Sachen landeten einfach im Müll, weil sie schlicht nutzlos waren. Andere ließen sich für ein paar Euro verkaufen. Und vieles landete in Kisten und Säcken und wird gespendet. In Hamburg ist da z.B. Hanseatic Help eine gute Anlaufstelle. In eurer Stadt gibt es bestimmt ähnlich tolle Organisationen.
Ordnung ist tatsächlich entspannend
Angeblich hat das Entrümpeln außerdem handfeste gesundheitliche Vorteile: Das Gehirn mag es, wenige visuelle Reize zu empfangen. So kann es sich besser auf Aufgaben konzentrieren, man soll besser schlafen können, kreativer sein und sogar mehr Lust auf gesunde Ernährung bekommen. Ob da was dran ist, werde ich ja demnächst erleben. Aber tatsächlich merke ich schon, dass es irgendwie entspannend ist, den Hinterkopf nicht mehr voll mit all diesem KRAM zu haben, um den man sich ja eigentlich irgendwann mal kümmern müsste.
Dein Kleiderschrank platzt aus allen Nähten und du kannst das Chaos nicht länger ignorieren?
Wir haben die ultimativen 5 Tipps für ein konsequentes Ausmisten!
Organisiere dich!
Nimm dir mindestens zwei Stunden Zeit. Besorge dir drei große Umzugskartons und beschrifte sie mit „Verschenken, „Verkaufen und „Vielleicht. Lade eine gute Freundin als Stil-Beratung ein und lege deine gesamte Kleidung auf dein Bett.
Passe deine Garderobe deinem Körper an und nicht umgekehrt!
Alles, was zu eng ist, einschneidet, zwickt oder verrutscht, gehört aussortiert. Befrei dich dringend von Gedanken wie: „Da passe ich schon irgendwann wieder rein!
Hinterfrage die Qualität!
Der fusselige Pulli oder das Polyester-Kleid, das ständig elektrisch aufgeladen ist – wenn ein Kleidungsstück nervt, sortier es aus.
Schluss mit dem Horten von Schlabber-Klamotten!
Klingt simpel: Kleidung in der du nicht mehr das Haus verlassen möchtest, kommt weg. Mehr als eine Boller-Buxe und einen Schlabberpulli braucht kein Mensch.
Stell dir die Stil-Frage!
Probiere alle Teile aus der „Vielleicht-Kiste und frage dich konsequent: Ist das noch mein Stil? Wann habe ich es zuletzt getragen? Die Teile, bei denen du dir unsicher bist, hängst du mit einem umgekehrten Kleiderbügel zurück in den Schrank. Hängt der Bügel nach einem Jahr immer noch verkehrt herum, weg damit!