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Schönheits-OP Erfahrungsbericht: Warum ich mir mit 21 die Brüste verkleinern ließ

Brustverkleinerung Vorher / Nachher
Hier geht es zu Pias Erfahrungsbericht.
Seit Jahren litt unsere Autorin unter ihren großen, hängenden und asymmetrischen Brüsten. Bis sie sich mit 21 zur Brustverkleinerung entschloss. Für NEON schildert sie den Eingriff, der ihr Leben veränderte.
Von Pia Schmücker
Wie oft habe ich mir gewünscht, kleinere Brüste zu haben? Ich weiß es nicht, aber es hat ungefähr in der fünften Klasse angefangen. Ich war die erste, die überhaupt etwas hatte, was ansatzweise einen BH ausfüllen konnte. Das ist natürlich besonders den Jungs aufgefallen, die mich immer mit Sprüchen wie "Pia hat sich schon die Brüste operieren lassen" aufgezogen haben. Dass es wirklich einmal so weit kommen würde, hätte ich nie gedacht. Aber ungefähr ein Jahrzehnt später ertappte ich mich dabei, wie der Gedanke, etwas zu verändern immer wieder aufkam. Meine Brüste waren mittlerweile bei Körbchengröße E  und C angelangt, denn die linke Brust war deutlich größer als die rechte.
Im Alltag waren es Kleinigkeiten,  die mich immer wieder an die Belastung einer großen Brust erinnerten. Ich ließ zum Beispiel den BH beim Sex an, damit die Brust mehr Halt hat und ich mich nicht schämte. Der neidische Blick auf das trägerlose Top meiner Freundin. Die unzähligen Umkleiden, die ich chaotisch und verzweifelt verließ, weil einfach kein BH gepasst hat. Bis hin zu der Schwierigkeit, die richtige Schlafposition zu finden, weil mindestens eine der beiden immer im Weg war. Und doch hatte ich sie so lieb. Irgendwie haben mich meine Brüste immer zu etwas Besonderem gemacht. Außerdem muss man doch dankbar sein, etwas zu haben, wofür andere tausende von Euro ausgeben. Dankbar dafür, dass alles an der Brust gesund ist. Diese Gedanken hatte ich bestimmt einige hundert Mal. Bis auf dieses eine Mal, wo ich dachte: "Warum eigentlich nicht?"
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"Die hängen, weil die Haut schlecht ist!"

Diese Frage habe ich mir tatsächlich erst im Februar diesen Jahres gestellt. Richtig "Klick" gemacht hat es, als eine gute Freundin zu mir sagte, dass sie sich ihre Brüste verkleinern lassen wolle. Da gingen bei mir die Alarmglocken an, denn ihre Körbchengröße war lange nicht so opulent wie meine. Von da an hat mich der Gedanke keine einzige Sekunde mehr losgelassen. Direkt am nächsten Morgen vereinbarte ich einen Beratungstermin in einem Brustzentrum in Hamburg. Als es einige Wochen später soweit war, war ich mir meiner Sache schon ziemlich sicher.
In Deutschland waren 2017 etwa fünf Prozent der Schönheits-Operationen Brustverkleinerungen, Vergrößerungen wurden laut der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie fast doppelt so häufig vorgenommen. Jede neunte Frau leidet unter zu großen Brüsten, hat etwa Rücken- oder Nackenschmerzen deshalb. Zu der Wahrscheinlichkeit der Kostenübernahme der Krankenkasse gibt es keine konkreten Zahlen. Private Krankenkassen zahlen eher als eine gesetzliche Versicherung. Oft müssen Frauen mehrere Anträge stellen. In der Regel heißt es, dass die Brust mindestens um zwei Körbchengrößen verkleinert werden muss.
Bei meinem Beratungsgespräch machte mir die Ärztin zunächst keine großen Hoffnungen. Es fielen Sätze wie "Das ist für mich nun keine auffällig große Brust" oder "Sie hängen, weil sie schlechte Haut haben". Das mit der schlechten Haut bedeutet: Die schweren Boobs haben die Haut ausgeleiert, deswegen hängen die so. Na danke,  dachte ich. Selbst wenn man das schon weiß, ist es nicht das schönste Gefühl, wenn jemand anderes es ausspricht. Die Ärztin warnte mich ausführlich vor allen Risiken, was mich vermutlich abschrecken sollte. Ob es die Narbe, die Narkose, die OP an sich, oder die eventuelle Unfähigkeit zu Stillen waren  - ich wusste da schon, ich würde alles in Kauf nehmen. Als dann das große Messen und Wiegen begann und ich zum ersten Mal in meinem Leben hörte, dass die linke Brust doppelt so groß und schwer sei, wie die rechte, bestätigte das meine Entschlossenheit nur.

6000 Euro Kosten – der Kampf mit der Versicherung

Bewaffnet mit dem Gutachten und wirklich schrecklichen Fotos meiner Brüste, recherchierte ich im Internet, was die Versicherung noch brauchen würde, um die Operationskosten zu übernehmen. Denn die 6000 Euro, die so ein Eingriff etwa kostet, hatte ich nicht eben mal zur Hand. Dazu muss man sagen, dass ich 1,63 Meter klein bin, 53 Kilo wiege und das Gewicht eines E- und eines C-Körbchens eigentlich Grund genug sein müssten. Mit dem festen Willen, diesen Kampf gegen die Krankenkasse zu gewinnen, wollte ich mir noch ein Orthopädisches Attest als Argument abholen. Auch dieser Arzttermin fiel nicht ganz so aus, wie ich es erwartet hätte. "Ich bin der Meinung, dass keine akuten orthopädischen Probleme durch das Gewicht der Brust ausgelöst werden", hieß es. "Aber ich kann Ihnen gerne ein Attest schreiben." Okay... Wirklich ernst genommen habe ich mich in diesem Moment nicht gefühlt.
Mit dem Attest in der Tasche und der Verschreibung von zehn Stunden Krankengymnastik, weil mein Rücken doch ein wenig unelastisch sei, hatte ich trotzdem das Gefühl, wieder einen Schritt näher am Ziel zu sein. Die Bilder, das Gutachten, das orthopädische Attest und den Verschreibungsschein für die Krankengymnastik schickte ich zusammen mit einem Antrag auf Kostenübernahme an die Krankenkasse. Mit nassen, zittrigen Händen und einem kleinen Tränchen im Augenwinkel gab ich den alles entscheidenden Umschlag bei der Post ab. 
Gut vier Wochen später kam der große Moment. Meine Eltern, die 500 Kilometer entfernt wohnen, riefen mich an und mein Vater fing an, vorzulesen: "Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu dürfen, dass ihre Tochter…". An mehr kann ich mich nicht erinnern, dann kamen die Tränen. Dann kurz die Verwunderung, warum der Brief in Frankfurt, statt bei mir in Hamburg gelandet ist. "Du bist doch noch über Papa versichert!" Im Endeffekt bin ich mir ziemlich sicher, dass die Asymmetrie meiner Brüste die Krankenkasse von einer Kostenübernahme überzeugt hat.

"Brüste und kleiner in einem Satz – das passt nicht zusammen!"

Der Termin stand endlich fest: Brustverkleinerung am 26.06.19. Ich bin von Anfang an sehr offen mit dem Thema umgegangen, alle meine Freunde wussten Bescheid. Die Reaktionen fielen unterschiedlich aus.
"Brüste und kleiner in einem Satz, das passt nicht zusammen", war eine davon - natürlich von einem Mann. Und plötzlich erzählten mir Freundinnen, dass sie auch jemanden kennen, der diesen Schritt gegangen ist. Viele davon auch junge Frauen. Aber warum redet denn keiner darüber? Warum tauscht man sich nicht aus? Ich habe dann von einer Bekannten erfahren, dass sie selbst auch ein Jahr zuvor eine Brustreduktion hatte. Mit ihr habe ich mich gerade in der Zeit rund um die OP viel beraten. Es tat gut, jemandem seine Fragen stellen zu können. Obwohl mich keine Frage mehr beschäftigte als "Wie wird meine Brust nach der OP aussehen?"
Die Aufregung, die am Morgen der Operation in mir aufkam ist kaum zu beschreiben. Es war pure Freude, auf das, was kommt. Die Ärztin malte mir mit einem grünen Marker das Schnittmuster für die neue Brust auf die alte. Genau wie bei einem Stück Stoff. Während gefühlt alle 14 Staffeln "Grey’s Anatomy" an meinem inneren Auge vorbei zogen, hob der Anästhesist mich auf einen Rolltisch, stülpte mir eine Haube über den Kopf, piekste  in meinen Arm und las laut die Zeit vor. Ich hatte das Gefühl, dass es ewig dauerte. "Gleich fängt es an zu kribbeln“. Ich erinnere mich, dass ich dachte, dass ich keine Luft mehr bekomme. Dann war ich weg.
Ungefähr vier Stunden später kam ich im Aufwachraum wieder zu mir. Ich lachte und ich weinte. Selten in meinem Leben war ich so verwirrt, glücklich und einfach echt komisch drauf. Mein Oberkörper drückte. Alles war so fest. Nicht so wie ich es kannte, weich und elastisch. Als ich über meine Brust fuhr, fühlte es sich so an, als sei da nichts. Und trotzdem war ich so glücklich.
Brustverkleinerung
Nach der Operation müssen die Narben verheilen
© privat

Mein neues Leben 

So kitschig es auch klingen mag, es ist wie ein neues Leben. Ich hatte keine Schmerzen, und außer Kreislaufproblemen war ich fit. Und so neugierig. Nach meiner ersten Nacht im Krankenhaus wartete ich gefühlt ab 5:00 Uhr morgens sehnsüchtig auf das Anpassen des Stütz-BHs. Denn das würde bedeuten, dass ich sie endlich sehen dürfte. 
Es gab noch einen kurzen Schock-Moment, als die Schwester mir als erstes ein A-Körbchen unter die Nase hielt - und dann merkte, dass doch etwas mehr von meiner Brust übrig geblieben war. Beim zweiten Anlauf hatte sie dann doch den richtigen gegriffen. Sie breitete den Gesundheits-BH vor mir aus, zückte die Schere, und schnitt endlich den eng geschnürten Verband auf. Einen Moment lang hielten alle im Raum die Luft an. "Das sind aber schöne Dinger", sagte die Dame. "Darf ich sie sehen?", fragte ich – und ging zum Spiegel. Diese Gefühle kann ich leider nicht beschreiben, es würde ihnen nichts gerecht werden.
So geht es mir bis heute. Die Narben, die in Form eines Ankers mit einem runden Schnitt, der in meiner Brustfalte verschwindet und die senkrecht Richtung Nippel verlaufen und einmal um den Warzenhof herum (da der komplett abgenommen wurde), creme ich jeden Tag zwei Mal sorgfältig ein. Ich bin in der vierten von sechs Wochen, in denen ich den Gesundheits-BH tragen muss. Und gehe von Tag zu Tag immer selbstsicherer mit meinem neuen Körper um. Gefühl habe ich kaum in der Brustwarze. Aber manchmal reagieren sie auf Kälte und werden schon wieder hart. Die Narben sind noch sehr dick, heiß und verhärtet. Manchmal fühle ich richtig, wie mein Körper arbeitet, um alles wieder heil zu bekommen. Aber das ist es mir wert.
Ich trage jetzt enge Shirts, gucke mir Bustiers an, die ich in zwei Wochen tatsächlich tragen können werde. Ich stehe minutenlang vorm Spiegel und creme die Narben ein. Meine Silhouette hat sich komplett verändert, alle sagen mir, dass es viel besser zu mir passt. Sogar die, die skeptisch waren. Noch weiß ich noch gar nicht, welche Körbchengröße ich nun trage. Vermutlich ein großes B bis kleineres C. Am meisten freue ich mich auf den Moment, wenn ich mir nur schnell etwas überwerfen, und ohne das Zwicken und das Klemmen eines BHs mal eben schnell zum Supermarkt hüpfen kann. In der Dusche platze ich vor Glück, wenn ich an meinem Körper runtergucke. Ich bin so froh, dass ich den Gedanken an eine Brustverkleinerung ausgesprochen und kommuniziert habe. Es hat mich ermutigt, diesen Schritt zu gehen - und zwar nur ganz für mich allein.

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