"Heute Nacht habe ich richtigen Quatsch geträumt!" - ein Satz, der bei uns im Büro öfters fällt. Neben ganz absurden Geschichten wiederholen sich bestimmte Träume und Motive auch immer wieder. Aber kann man herausfinden, was diese Träume bedeuten sollen?
Wenn es nach Martin Dierks geht, ja. Der Heilpraktiker betreibt Therapie und psychologische Beratung und deutet Träume als Teil seiner Arbeit. Er sagt, Traumdeutung funktioniere am besten im Dialog. Das sieht dann so aus: Im Gespräch mit einem Patienten stellt er Fragen zu dessen Leben und bringt diese mit den Träumen in Verbindung. "Unsere Träume sind wichtig und wollen uns ganz verschiedene Dinge sagen: Sie können uns auf fast alles, was der Mensch begehrt Aufschluss geben", sagt er. Träume können uns unsere Wünsche und Ängste mitteilen, sie geben uns Erkenntnisse zu uns selbst, so Dierks weiter. Thematisch seien Träume auf nichts beschränkt, zeigen uns dennoch oft oder fast immer unterbewusste Dinge. "Deshalb ist der Traum ein ganz exquisites Mittel zur Selbsterkenntnis", so Dierks. Dann könnten Träume sogar ganz konkrete Ratgeber sein.
Klar ist: Träume und ihre Deutung sind immer extrem individuell und können oft erst durch den Dialog für den Traumdeuter schlüssig werden. Dennoch gibt es Träume, die besonders häufig vorkommen. Mit Martin Dierks haben wir über fünf Träume gesprochen, die wahrscheinlich jeder von uns schon einmal hatte.
1. Verfolgt werden
"Im Traum verfolgt zu werden, ist einer der Klassiker unter den Albträumen. Man wird von etwas ganz Beängstigendem verfolgt, kommt aber nicht weg oder ist gelähmt. Die Grundstruktur der Bedeutung ist relativ einfach: Es geht eigentlich immer darum, dass man vor etwas davon läuft. Dieses Etwas steht entweder für einen Teil von sich Selbst – dann nennt man es einen Innenschautraum. Wird man beispielsweise von einem Tier verfolgt, ist dieses Tier symbolisch für einen Teil von mir. Oder es könnte auch eine reale Angst darstellen, vor etwas in der Realität Existierendem (Außenschautraum). Das Verfolgt-Werden könnte dann beispielsweise für einen Vorgesetzten stehen, mit dem man Probleme hat. Dieser Traum sagt uns möglicherweise, wir sollten uns der Situation stellen."
2. Fallen
"'Fallen'-Träume sind schwierige Träume, da sie oft nur aus diesem 'Fallen' bestehen, da passiert nicht viel mehr. Und es ist tatsächlich oft so, dass wir dann direkt aufwachen und es als nicht abgeschlossen empfinden. Dies könnte einen inhaltlichen Grund haben. Der Traum will mir sagen, ich fühle mich nicht verwurzelt, etwas hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Um dies auszudrücken, wäre es nicht sinnvoll, sicher auf dem Boden zu landen. Der zweite Grund, warum das oft so ist, ist der gleiche wie bei vielen anderen Albträumen – die Angst. Gerade bei diesen Träumen sollte man genauer hinschauen und andere Techniken aus der Psychotherapie anwenden. Beispielsweise in einer geführten Meditation allen Einzelheiten des Traumes auf den Grund gehen und versuchen, diesen fortzusetzen. Es geht immer um eine unbewusste, nicht wahrgenommene Angst, aber um welche? Um dies genauer zu entschlüsseln braucht man mehr Einzelheiten. Oft haben Menschen, die ein starkes Streben nach oben, nach Karriere haben, Träume in welchen sie fallen."
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3. Arbeit
"Bei fast allen Träumen geht es um Dinge, die wir nicht wahrnehmen, Gefühle, die wir vielleicht nicht ausdrücken können. Haben wir Probleme mit unserem Chef, kann es sein, dass wir davon träumen, auch wenn wir es nur unterbewusst wahrnehmen. Der Traum kann uns so quasi einen Ratschlag geben. Oft teilt uns ein Traum von der Arbeit auch mit, dass uns der Beruf zu wichtig ist und versucht, uns darauf hinzuweisen, dass es mehr als das Berufsleben gibt. Bei den Arbeitsträumen ist interessant, dass sie oft nicht sehr symbolisch sind. Man träumt wirklich von der Arbeit und sie steht nicht für etwas anderes."
4. Zuspätkommen
"Träumen wir davon, zu spät zu kommen, geht es darum, Angst davor zu haben etwas zu versäumen. Was das genau sein könnte, muss sich aus dem weiteren Zusammenhang des Traums ergeben. Wenn ich träume, ich verpasse den Zug, muss ich mich fragen, wofür der Zug steht? Wo soll er mich hinbringen? Diesen Traum haben oft sehr ehrgeizige Menschen. Die entscheidende Frage ist, ob es ein subjektiver oder objektiver Traum ist. Beim subjektiven Traum ist es ein rein subjektives Gefühl der Angst, das aber nicht gerechtfertigt sein muss angesichts unserer Lebenssituation. Beim objektiven Traum weist das Unterbewusstsein auf eine tatsächlich drohende Gefahr in unserem Leben hin, wirklich etwas zu versäumen. Der Träumer hat davon aber noch nichts mitbekommen."
5. Sex
"Also Sexträume sind aus meiner Sicht die interessantesten Träume, die auch einige Besonderheiten aufweisen. Eine ist, dass sie selten metaphorisch gemeint sind. Wenn wir von Sex träumen, ist damit meist wirklich unser Sexualleben gemeint. Auch Menschen in Beziehungen träumen genauso oft von Sex wie Menschen, die Single sind. Oft sind es Wunschträume. Wir sollten uns also fragen: Welcher Wunsch steckt hinter dem Traum, den wir uns vielleicht nicht eingestehen? Fühlen wir uns vielleicht unterbewusst beispielsweise zu einem Kollegen hingezogen? Ist dies nicht der Fall, sind sie sehr schwierig zu deuten, da in der menschlichen Sexualität so viel mit drin steckt: Macht, Hingabe, Vertrauen können, das Aufarbeiten von Missbrauch. All das können Träume dann auch widerspiegeln und thematisieren. Das Entscheidende ist immer, mit wem habe ich Sex im Traum und wie habe ich Sex? Das gibt weitere Aufschlüsse. Und: Wie unterscheidet sich der Sex im Traum zu der Art wie ich in der Realität Sex habe? Auch Tiere können Symbole für Sexualität sein. Träumen wir davon, ein Pferd zu reiten, kann dies für die eigene Sexualität stehen. Der Reiter reitet das Pferd, macht dies aber bewusst und kontrolliert, d.h., er kann seine Sexualität kontrollieren und 'zügeln'".
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Wichtig ist bei jedem Traum, so Dierks, dass Traumdeutung nicht universell gültig ist. "Träumen wir von einem Apfel, kann das für jemanden mit einer Apfelallergie für Gefahr stehen, der Bauer sieht den Apfel vielleicht als Zeichen seines Berufs", erklärt Dierks. Die genannten Träume seien Archetypen für Träume, doch deren Symbolik sei immer individuell und auf das reale Leben der Träumenden zu beziehen. Deshalb empfindet Dierks Traumlexika, die man in Büchern oder dem Internet findet, als nicht besonders hilfreich. Dierks ist davon überzeugt, dass das Deuten von Träumen eine immense Hilfe für die eigene geistige Entwicklung sein kann und führt auch selbst seit Jahren ein Traumtagebuch.