Mit 15 Jahren schien alles so einfach. Ich hatte Träume und Vorstellungen von meiner Zukunft und meiner Karriere. Alles lag in weiter Ferne und ich würde noch genug Zeit haben: Zeit zu reisen, Zeit zu studieren, Zeit für eine Karriere und vor allem noch lange Zeit dafür, eine eigene Familie zu gründen. Jetzt steht mein 25. Geburtstag an – und zehn Jahre später habe ich das Gefühl, dass ich mich beeilen muss.
25, da sollte man noch keine Existenzängste haben, oder? Aber sie sind da und nicht nur bei mir. Neulich habe ich mit meinen ehemaligen Kommilitonen über das Thema gesprochen und drei von vier Freundinnen sind in der gleichen Situation: Alle sind unglücklich in ihren Jobs und fast allen geht regelmäßig die rote Minussumme des aufgenommenen Studentenkredits durch den Kopf. Ich schleppe mich nach meinem Studium derzeit noch mit Praktika durchs Leben. Selbst das vierte Praktikum im Lebenslauf reicht einigen Unternehmen und Agenturen offenbar nicht. Aber hey, ein Hoch auf den Mindestlohn!
Erwachsen werden heißt Verantwortung übernehmen
Ich denke regelmäßig über mich, meine Arbeit und das verdammte Geld nach. Konkrete Pläne zu schmieden, etwa für Urlaube oder Anschaffungen, ist nicht möglich, denn ich weiß nicht, wann ich einen festen Job haben werde. Und selbst wenn das jemals passiert, wird er mir dann genug Geld auf mein Konto spülen? In diesem Jahr gestaltet sich sogar das Weihnachtsgeschenke-Kaufen schwierig.
Bis vor einem Jahr war ich noch Single, vier Jahre lang. Zu dieser Zeit habe ich mich nur auf mich und meine Karriere, wenn man es so nennen kann, konzentriert. Ich war bereit für jeden Job, der mich im Leben voranbringen würde, Hamburg zu verlassen. Ich hatte keine Verpflichtungen und das war großartig. Doch seit einem Jahr führe ich eine Beziehung und sie ist so, wie ich sie mir immer gewünscht habe. Es hat sich gelohnt zu warten. Aber zum ersten Mal werde ich auch damit konfrontiert, wie es ist, nicht mehr auf sich alleine gestellt zu sein. Eigentlich ist es etwas Schönes und fühlt sich gut an. Aber es macht mir auch Angst.
Ich kann nicht mehr weglaufen, wenn es gerade nicht so gut läuft. Jetzt muss ich für mich und meinen Partner Verantwortung übernehmen. So fühlt sich das Erwachsenwerden wohl an. Und natürlich rückt dadurch das Thema, irgendwann mal eine Familie zu gründen, immer näher. Klar, es gibt kein Gesetz, dass man mit 30 Mutter werden muss. Aber leider gibt es bei manchen Frauen eine biologische Uhr, die uns immer wieder daran erinnert, dass wir uns nicht dauerhaft Zeit lassen können. Zu diesen Frauen gehöre auch ich. Und so ein Kind, ja, das kostet nun mal auch Geld.
Wie soll man die Welt erkunden, ohne Geld?
Vor einer Woche verabschiedete ich meine kleine Schwester am Flughafen. Sie geht für einige Monate ins Ausland, um zu reisen, natürlich nach Australien. Aber wo sie auch hingeht, sie macht es richtig. Ich konnte das damals nicht, denn ich hatte mich entschieden, direkt nach dem Abi zu studieren. Für ein Studium, das auch noch eine Menge Geld kostete: "Angewandte Medien".
Vor einer Woche war mein Fernweh unbeschreiblich, ich wäre am liebsten direkt mitgeflogen. Es ist sieben Jahre her, dass ich mal länger als fünf Tage im Urlaub war. Ich stellte mir vor, wie ich in den Flieger steigen würde – und während ich die Freiheit schon spürte, hörte ich meine Mutter, die mich daran erinnerte, dass nächstes Jahr die Abzahlung meines Studentenkredits fällig ist. Dass ich mit 25 Jahren endlich mal richtig Geld verdienen sollte. Damit zerschlug sich der Traum vom Reisen wieder.
Werde ich jemals die Zeit dafür haben? Welcher Arbeitgeber erlaubt denn schon, dass man für ein paar Monate alles stehen und liegen lässt, um die Welt zu erkunden? Meine Miete müsste ebenfalls weiterbezahlt werden. Und alle anderen laufenden Kosten auch.
Existenzangst und keine Lust mehr auf dieses Low-Life
Es war meine eigene Entscheidung, dieses Studium anzufangen. Ich wusste, was auf mich zukommt, oder hätte es wissen müssen. Aber mit 20 Jahren war ich wohl noch etwas naiv. Genau wie bei der Vorstellung von meinen späteren Jobs. Ich wollte immer was Cooles machen und die Chance haben, mich selbst zu verwirklichen. Doch der richtige Einstieg in den Beruf ist so schwer, viel schwerer als ich dachte, und das ist wirklich demotivierend. Langsam ertrage ich mein Praktikum-Low-Life nicht mehr – und mein Konto erst recht nicht.
Ich will nicht in Selbstmitleid versinken, schließlich ist jeder seines Glückes eigener Schmied, wie meine Mama immer sagt. Aber die Tatsache, dass es nicht so einfach im Leben läuft, tut trotzdem weh. Wäre das nötige Geld vorhanden, hätte ich diese Ängste sicher nicht. Immerhin stehe ich nicht alleine da. Vielleicht ist das die neue Volkskrankheit unserer Generation. Vielleicht mache ich mir mehr Druck als ich sollte. Dennoch ist sie jeden Tag präsent, die Angst vor dem Versagen – die gibt es nämlich umsonst.
