Der Vorgang ereignete sich bei der Debatte über einen CDU-Antrag zu einer möglichen Städtepartnerschaft mit einer Stadt in Israel. Der AfD-Politiker Krzysztof Walczak warf der Partei unter anderem vor, durch eine vor ihr vertretene Migrationspolitik für die Einreise "hunderttausender Antisemiten nach Deutschland" verantwortlich zu sein. Der als Sitzungsleiter amtierende Vizepräsident der Bürgerschaft, André Trepoll (CDU), rief ihn zur Ordnung.
Walczak sah sich dadurch in seinem parlamentarischen Rederecht verletzt und erhob nach der Plenarsitzung zunächst schriftlich Einspruch. Nachdem die Bürgerschaft seinen Einspruch mehrheitlich ablehnte, zog er weiter vor das Verfassungsgericht. Dieses entschied nun, dass die Ordnungsrufe Trepolls von der Verfassung gedeckt seien. Prinzipiell stehe der Bürgerschaft bei der Ausgestaltung ihrer Geschäftsordnung "ein hohes Maß an Autonomie" zu.
Diese Autonomie gelte auch für das Parlamentspräsidium bei der Anwendung der Geschäftsordnung etwa im Zusammenhang mit Ordnungsrufen. Die fraglichen Interventionen Trepolls hätten den parlamentarischen Meinungsstreit nicht in unzulässiger Weise beeinflusst oder willkürlich inhaltliche Positionen aus der Debatte ausgegrenzt, erklärte das Gericht. Die Beurteilung des Sitzungsleiters, dass es Walczak um "bloße Herabwürdigung und Provokation gegangen sei", erscheine mit Blick auf das Plenarprotokoll "vertretbar".
Ordnungsruf sind förmliche Verwarnungen der Sitzungsleitung, wenn Abgeordnete die parlamentarische Ordnung etwa durch Beleidigungen oder bewusste Störungen verletzen. Konkrete Konsequenzen haben sie nicht.