In zwei Fällen waren im vergangenen Jahr die Strompreise an den europäischen Börsen plötzlich massiv gestiegen. Grund war jeweils eine Dunkelflaute: Es wurde zeitweise witterungsbedingt sehr wenig Sonnen- und Windstrom ins Stromnetz eingespeist. Deutschland musste deshalb mehr Strom aus dem Ausland importieren.
Das Kartellamt ging von normalem Marktverhalten aus: Weil durch Atom- und Kohleausstieg weniger Kraftwerke am Netz waren, seien höhere Preisausschläge erwartbar gewesen, erklärte es im Januar. Dennoch sollten die Vorfälle noch einmal untersucht werden. Die Ermittlungen bestätigten nun die Vermutung: Die Preisausschläge gingen nicht auf "missbräuchliche Zurückhaltung von Erzeugungskapazitäten durch eines der fünf größten Stromerzeugungsunternehmen" zurück, erklärte Kartellamtschef Andreas Mundt.
"Während der Dunkelflauten wurde der steuerbare Kraftwerkspark weitestgehend eingesetzt", ergänzte der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. "Gleichzeitig war die sichere Stromversorgung jederzeit durch Reserven gewährleistet." Für die Zukunft brauche es aber mehr steuerbare Kapazitäten sowie eine "viel stärkere Flexibilisierung von Angebot und Nachfrage".
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) setzt vor allem auf neue Gaskraftwerke. Die dafür nötige Genehmigung der EU-Kommission steht aber noch aus. Einem Bericht des "Spiegels" zufolge will die Brüsseler Behörde den Bau von sehr viel weniger Kraftwerken genehmigen als von Reiche angestrebt.
Kritiker werfen Reiche vor, zu einseitig auf Erdgas zu setzen. Neben neuen Kraftwerken bieten auch Großbatteriespeicher, Biomasse- und Wasserkraftanlagen steuerbare Kapazität. Eine Flexibilisierung von Angebot und Nachfrage kann etwa mit mehr privaten Energiespeichern und intelligenten Stromzählern erreicht werden.
Kartellamtschef Mundt forderte am Dienstag außerdem, die anstehenden Ausschreibungen für neue steuerbare Kapazitäten "unbedingt" zu nutzen, "um die hohe Marktkonzentration im Stromerzeugungsmarkt zu verringern".