Hintergrund für die Zinspause ist insbesondere die zuletzt abgeschwächte Inflation. Die Teuerung der Verbraucherpreise in der Eurozone liege derzeit "in der Nähe des mittelfristigen Zielwerts" von zwei Prozent, teilte die EZB mit. Zudem bleibe die Einschätzung des EZB-Rates hinsichtlich der künftigen Inflationsaussichten "weitgehend unverändert", erläuterte EZB-Präsidentin Christine Lagarde bei einer Pressekonferenz in Frankfurt Main.
Die am Donnerstag veröffentlichte neue Prognose der Zentralbank geht von einer Gesamtinflation von durchschnittlich 2,1 Prozent in diesem Jahr aus, von 1,7 Prozent im Jahr 2026 und 1,9 Prozent im Jahr 2027. Für das Wirtschaftswachstum in der Eurozone in diesem Jahr korrigierte die EZB ihre vorherige Prognose vom Juni am Donnerstag nach oben - auf 1,2 Prozent statt der zuvor erwarteten 0,9 Prozent.
Neben dem zentralen Leitzins bleiben auch die beiden anderen wichtigen Zinssätze unverändert, wie die Zentralbank weiter mitteilte. Der Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Geschäftsbanken Geld von der EZB leihen können, bleibt bei 2,15 Prozent und der Leitzinssatz zur kurzfristigen Beschaffung von Geld, der Spitzenrefinanzierungssatz, bei 2,40 Prozent.
Der zeitweilig starke Anstieg der Inflation wegen der Folgen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte die EZB in den vergangenen Jahren zu starken Zinserhöhungen veranlasst, um die Teuerung einzudämmen. Im Juni 2024 läutete sie dann die Zinswende ein und senkte mit Abklingen der Inflation auch die Zinsen wieder. Im Juli 2025 schwenkte die Zentralbank dann auf den aktuell abwartenden Kurs ein - vor allem angesichts der Unsicherheit wegen des Zollstreits mit den USA.
Zuletzt seien die Risiken aber "ausgewogener" geworden, erläuterte Lagarde am Donnerstag und verwies unter anderem auf das europäische Zoll-Abkommen mit Washington. Zugleich blieben geopolitische Spannungen wie der Krieg in der Ukraine oder die Lage in Nahost eine "Quelle der Unsicherheit", hob die EZB-Präsidentin hervor.
Befragt nach einer Einschätzung zur aktuellen Situation Frankreichs und den befürchteten Auswirkungen der politischen Krise in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone auf die Anleihemärkte, verwies Lagarde darauf, dass sie die Lage in einzelnen Ländern nicht kommentiere. Sie sei aber "zuversichtlich", dass es sich die politischen Entscheidungsträger in einer Zeit der Unsicherheit zu Herzen nehmen würden, "die Unsicherheit so weit wie möglich zu verringern".
Die EZB beobachte die Lage am Anleihemarkt genau, sagte Lagarde zudem. Grundsätzlich sei die Zentralbank zwar bereit, ihre Instrumente im Rahmen ihres Mandats anzupassen, grundsätzlich werde sie aber weiterhin den Ansatz verfolgen, auf Grundlage von Daten von Sitzung zu Sitzung zu entscheiden.
Der Chefanalyst der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, begrüßte die Entscheidung des EZB-Rates. "Stabilität ist das Gebot der Stunde, damit Unternehmen Planbarkeit für Investitionen und Ausgaben haben", erklärte er. Für Deutschland bedeute dies aber auch, dass von der Geldpolitik "derzeit kein weiterer Konjunkturbooster zu erwarten" sei. "Es könnte sogar sein, dass die EZB auch im weiteren Verlauf dieses Jahres keine weitere Zinssenkung vornehmen wird."
Die Expertin für Geldpolitik und Inflation des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Silke Tober, kritisierte die erneute Zinspause hingegen als "Fehler", da sich die Wirtschaft in einer kritischen Phase befinde. "Gerade in dieser Phase hätte es einer Zinssenkung als Gegengewicht bedurft", erklärte sie. "Eine Zinssenkung Ende des Jahres oder sogar erst 2026 - wie allgemein erwartet - käme zu spät."