Vor einigen Tagen lebte Hasem noch in England, zusammen mit seiner Frau und seinem elf Monate alten Sohn. Nun versorgt er zusammen mit dem Arzt Ammar die Verletzten in der umkämpften nordsyrischen Stadt Aleppo. Die beiden kamen mit ihren Arztkoffern in die Wirtschaftsmetropole, um die Aufständischen gegen Präsident Baschar al-Assad auf ihre Art zu unterstützen.
"Manchmal macht eine gute Diagnose oder die Art und Weise, wie die Arbeit getan wird, den Unterschied", sagt Hasem. Er behandelt im Untergeschoss einer Moschee im Stadtteil Seil al-Dawla, in dem ein Feldlazarett für verletzte Aufständische und Zivilisten eingerichtet wurde.
Die meisten Mediziner haben Aleppo nach Beginn der Kämpfe Ende Juli verlassen. "Wir wussten, dass die Ärzte gegangen worden sind und wir konnten auf den Videos auf YouTube nicht mit ansehen, wie die Verletzten nicht richtig versorgt wurden", sagt der Arzt. Hasem und Ammar entschieden sich deshalb vor zwei Monaten, über die Türkei nach Syrien zurückzukehren und in Aleppo zu helfen. "Wir haben einen ganz einfachen Kurs entwickelt, bei dem Leute ohne Vorkenntnisse lernen, wie sie Schussverletzungen, offene Wunden oder Brüche versorgen".
Für die Kämpfer an der Front stellten die beiden Mediziner auch Erste-Hilfe-Ausrüstungen mit Pflastern, Kompressen und Schienen zusammen. 500 der Säckchen haben sie bereits in den westlichen Stadtteilen und im Zentrum verteilt.
Innerhalb weniger Tage durchlebten Hasem und Ammar bereits alle Schrecken des Krieges. Den beiden Medizinern kamen die Tränen, als der junge Kommandeur Abu Assam eingeliefert wurde, von einem Geschoss zerrissen. Das verbrannte Gesicht des jungen Mannes, für den sie nichts mehr tun konnten, war bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
"Stolz darauf, Syrer zu sein"
"Ich habe Grausamkeiten gesehen. Man wird mindestens 15 Jahre brauchen, um sich davon zu erholen", sagt Ammar. "Als Syrer im Ausland haben wir nicht mitbekommen, wie die Syrer hier leben", ergänzt der 41-jährige Familienvater. "Die jungen Leute, die ich hier kennengelernt habe, sind ganz besonders und so großzügig". Die Kämpfer in Aleppo hätten die Freiheit gekostet und seien entschlossen, den Aufstand zu Ende zu führen. "Ich bin so stolz darauf, Syrer zu sein".
Die 25-jährige Asma, eine in Kuwait geborene Syrerin, ist ähnlich patriotisch. "Syrien ist für mich wie eine Mutter, die ihre Tochter braucht", sagt die junge Frau, die nach einer Erste-Hilfe-Ausbildung an der Front Verletzte versorgt. "Ich bin zum ersten Mal 2011 gekommen und dann wieder im Mai. Das war eine Ehrensache".
Früher habe sie Angst vor Spritzen gehabt und kein Blut sehen können, verrät sie. Jetzt schrecke sie kein Anblick mehr ab. "In den Bombennächten, manchmal im Dunkeln, habe ich eine enge Beziehung zu den Leuten gespürt", schildert die 25-Jährige ihre Erlebnisse. "Ich weiß jetzt, was es bedeutet, Syrerin zu sein. Ich werde nie wieder nach Kuwait zurückkehren."