Das russische Gefängnis sei schlimmer als der Tod, sagte Barabasch der Nachrichtenagentur AFP und sagte, mit Suizidgedanken gespielt zu haben. "Ich habe nach Gift gesucht", sagte die Journalistin.
"Wir sind sehr erleichtert", sagte der Leiter der Journalistenorganisation RSF, Thibault Bruttin. Der 64 Jahre alten Barabasch, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine scharf kritisiert hatte, drohten in ihrer Heimat bis zu zehn Jahre Haft wegen der "Verbreitung falscher Informationen".
Barabasch dankte der Organisation Reporter ohne Grenzen für die Hilfe. Die Ausreise habe mehr als zwei Wochen gedauert und es seien viele Menschen beteiligt gewesen. "Es war sehr schwierig", sagte Barabasch, gab aus Sicherheitsgründen jedoch keine Einzelheiten zur Flucht bekannt. "Jetzt bin ich hier, und es wird nicht leicht sein, ein neuen Leben zu beginnen", betonte sie. Immerhin kenne sie niemanden, "der im Exil verhungert ist".
Die Journalistin, die unter anderem für das russische Programm des französischen Senders RFI gearbeitet hatte, war im Februar festgenommen und dann unter Hausarrest gestellt worden. Die russischen Strafvollzugsbehörden hatten Barabasch im April als flüchtig gemeldet.
"So viele Menschenleben wurden zerstört, so viele Familien auseinandergerissen", hatte sie kurz vor ihrer Festnahme in Onlinediensten geschrieben. Sie warf Russland vor, die Ukraine zu bombardieren und Städte zu zerstören. Russland hatte Kritik an der Armee und an Militäreinsätzen kurz nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs verboten. Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen wird dieses Verbot immer wieder genutzt, um Kritiker mundtot zu machen.
Für sie sei der Krieg besonders schlimm, weil ihr Sohn und seine Familie in Kiew leben "und ich mir vorstelle, wie die Raketen auf ihr Haus fallen", sagte die in Charkiw geborene Journalistin. Es sei ihr Glück gewesen, dass sie unter Hausarrest gestellt und nicht sofort verhaftet worden sei. "So habe ich beschlossen, zu fliehen".
Nach Angaben von RSF entfernte die Journalistin für die Flucht ihre Fußfessel und legte 2800 Kilometer zurück. Ihre Reise sei "lang und anstrengend" gewesen, sagte Bruttin.
"Wir dachten mehrere Male, sie sei festgenommen worden oder würde festgenommen werden. Mehrfach änderte sich der Plan. Einmal glaubten wir, sie sei tot", sagte Bruttin, der die Entschlossenheit und den Mut der 64-Jährigen lobte.
Reporter ohne Grenzen hatte auch der russischen Journalistin Marina Owsjannikowa geholfen, das Land zu verlassen. Sie war im März 2022 weltweit bekannt geworden, weil sie während einer Live-Sendung des russischen Fernsehens ein Anti-Kriegsplakat in die Kamera gehalten hatte.
Seit der Ausreise Owsjannikowas seien die Fluchtmöglichkeiten geringer geworden, erklärte RSF-Chef Bruttin. Die Ausreise Barabaschs habe gezeigt, dass es immer noch möglich sei - wenn auch sehr gefährlich - und sie gebe somit Hoffnung.
Zahlreiche russische Oppositionelle und einfache Bürger wurden wegen Kritik am Kreml und am Ukraine-Krieg bereits zu langen Haftstrafen verurteilt. Zehntausende Russen, darunter Oppositionelle, Journalisten und Bürgerrechtler, flohen ins Exil.
In der am Freitag veröffentlichten jährlichen Rangliste von RSF zur Pressefreiheit in 180 Ländern liegt Russland auf Platz 171. In Russland gebe es wegen der "Zensur" "keinen Journalismus mehr", sagte Barabasch. Sie möchte nun in Frankreich Asyl beantragen und dort weiterhin ihrem Beruf nachgehen.