Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich im TV-Sender Phoenix zu aktuellen politischen Debatten in Deutschland geäußert. Die CDU-Politikerin, von 2005 bis 2021 Chefin im Kanzleramt, sprach unter anderem über den Rentenzoff in der schwarz-roten Bundesregierung, den Umgang mit der AfD und den russischen Überfall auf die Ukraine. Ihre wichtigsten Aussagen im Überblick:
Angela Merkel zum Ukrainekrieg
Merkel hat klargestellt, dass sie Polen und den baltischen Staaten keine Mitschuld am Angriff Russlands auf die Ukraine gibt. Das seien "Fake News", eine Passage ihrer Autobiografie "Freiheit" sei "in einen falschen Kontext" gesetzt worden. In der Passage hieß es, die baltischen Staaten und Polen hätten 2021 ein von Merkel vorgeschlagenes Dialogformat mit Russland abgelehnt, doch damit sei "keine Schuldzuweisung verbunden". "Dieser Krieg ist ausgebrochen, er hat unsere Welt verändert, das ist eine Aggression der russischen Föderation, der russischen Republik, Wladimir Putins", sagte Merkel nun. "Wir alle haben nicht vermocht – alle, ich, alle anderen haben nicht vermocht, diesen Krieg zu verhindern."
Zur Aussage des früheren Bundesaußenministers Sigmar Gabriel (SPD) in der ARD-Sendung "Maischberger", mit Merkel hätte es keinen Krieg in der Ukraine gegeben, sagte die ehemalige Bundeskanzlerin: "Das ist vollkommen spekulativ." Sie glaube, dass die Corona-Pandemie einen großen Einfluss gehabt habe, weil bislang übliche Gesprächsformate in sich zusammengebrochen seien.
Sie habe nicht regelmäßig mit Putin sprechen können. "Und das ist im Umgang mit nicht demokratisch regierten Ländern noch schwieriger, als wenn man schon unter gleich organisierten Ländern so wenig miteinander redet." Ihr sei aber schon seit "vielen, vielen Jahren" klar gewesen, dass von Putin ausgehend eine ernsthafte Gefahr bestanden habe.
Altkanzlerin zum Umgang mit der AfD
Merkel ruft zum selbstbewussten Umgang mit der AfD auf. Man dürfe hier "nicht wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen" und sich nicht "von der AfD fast in der Manege herumführen lassen". Die anderen Parteien müssten ihre eigene Politik noch stärker als sonst deutlich machen – daraus würden dann die Unterschiede zur AfD erkennbar.
Parteien, die die EU nicht richtig finden, ein völlig anderes Verhältnis zu Russland haben und die liberale Demokratie nicht verteidigen – "mit diesen Parteien – das ergibt sich dann von selbst – kann ich nicht zusammenarbeiten", betonte Merkel. Union und SPD hätten so viel einzubringen, um Menschen zu überzeugen. "Mehrheiten zu suchen mit der AfD, das verbietet sich allein aus der eigenen Definition."
Merkel hatte im Januar während des Bundestagswahlkampfes kritisiert, dass die CDU/CSU-Fraktion mit dem damaligen Fraktionschef Friedrich Merz einen Migrationsbeschluss im Bundestag mit den Stimmen der AfD durchgesetzt hatte. Im Phoenix-Interview machte sie deutlich, dass sie sich nicht zu jeder aktuellen Diskussion äußern wolle. Im Fall der AfD im Januar sei dies ein "ziemlich einmaliger Fall" gewesen. Sie behalte sich dies aber bei staatspolitisch wichtigen Dingen vor, sagte Merkel.
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Frühere CDU-Chefin zum Rentenstreit
Merkel geht von einer Einigung im Rentenstreit der Koalition aus. "Ich denke, alle werden einen Weg finden", sagte sie und verwies auf lange Erfahrungen, dass man sich am Ende immer zusammenraufen müsse.
Die Verlängerung der sogenannten Haltelinie von 48 Prozent bis 2031 nannte die Kanzlerin folgerichtig. Damit ist eine Stabilisierung dieses Absicherungsniveaus der Rente im Verhältnis zum Einkommen bei 48 Prozent gemeint. "Wir haben damals mit Geltung ab 2018 diese Haltelinie von 48 Prozent eingeführt bis zum Jahr 2025. Deshalb musste jetzt ja auch darüber entschieden werden, wie macht man es weiter", sagte Merkel. Insofern sei es logisch, "wie es jetzt gemacht wurde", nämlich diese bis 2031 zu verlängern.
Merkel verwies darauf, dass in ihrer Amtszeit mit der schrittweisen Einführung der Rente mit 67 bis 2029 ein entscheidender Schritt zur Sicherung der Altersversorgung gemacht worden sei.