Papst Benedikt XVI. hat am Montag zum zweiten Mal Männer und Frauen getroffen, die in jungen Jahren von Priestern sexuell missbraucht worden sind. Kurz vor seiner Abreise aus Australien lud er vier Opfer und Vertreter von Opferverbänden zu einer privaten Messe in eine Kapelle der St. Mary’s-Kathedrale in Sydney.
Anschließend hörte er ihre Erfahrungen an und sprach ihnen sein tiefes Mitgefühl für das erfahrene Leid aus. Er verabschiedete sich danach von den Freiwilligen des Weltjugendtages. Am Abend wird der Papst wieder zurück in Rom erwartet.
Der Papst habe den Opfern Trost gespendet und versprochen, für sie und ihre Familien zu beten, teilte der Vatikan mit. Das Treffen stand nicht auf dem Programm und wurde erst bekanntgegeben, als der Papst die Kathedrale bereits verlassen hatte. Das erste Treffen dieser Art hatte im Frühjahr bei der Papstreise in die USA stattgefunden. Es galt als historischer Schritt für eine Versöhnung zwischen der Kirche und den Opfern. Viele Diözesen hatten die Skandale jahrelang vertuscht. Allein in Australien sind mehr als 100 Priester wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden.
Skandale scharf verurteilt
"Durch seine väterliche Geste wollte der Heilige Vater erneut seine Tiefes Mitgefühl für alle demonstrieren, die sexuell missbraucht worden sind", teilte der Vatikan mit. Mit dem Treffen erfüllte Papst Benedikt eine der Hauptforderungen der Opferverbände. Er hatte die Skandale bereits am Samstag bei einer Messe mit australischen Bischöfen scharf verurteilt und den Opfern sein Mitgefühl ausgedrückt. Opferverbände klagten aber, dass diese Messe hinter verschlossenen Türen stattgefunden hatte und Opfer nicht persönlich dabei waren.
"Das Treffen zeigt den kontinuierlichen Einsatz der Kirche in Australien, denjenigen, die durch sexuellen Missbrauch so schwer verletzt worden sind, Heilung und Gerechtigkeit zu Teil werden zu lassen", teilte die Erzdiözese von Sydney mit. Opfer-Angehörige und Verbände hatten Erzbischof George Pell mehrfach vorgeworfen, sich nicht genügend um die Opfer zu kümmern. In seiner Zeit als Bischof von Melbourne hatte er in seiner Diözese eine Obergrenze für Kompensationszahlungen an Opfer von 50.000 australischen Dollar (rund 30.000 Euro) festgelegt.
Der Papst habe bis zum Ende seine Australienbesuchs mit dem Treffen gewartet, weil er das Thema vom Weltjugendtag trennen wollte, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi. Kritik kam von der Opfergruppe Broken Rites, die von tausenden von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche Australiens ausgeht. Der Papst habe sich mit vier sorgfältig ausgewählten Menschen getroffen, bei denen klar gewesen sei, dass sie keinen Ärger machen würden, sagte Sprecher Bernard Barrett. Er kritisierte das Treffen als zynisch, es habe nur den PR-Interessen des Vatikans gedient und ändere nichts an der Wirklichkeit.