Am Samstag lief es im gesamten Verkehrsverbund der Region Stuttgart auf den S-Bahn-Anzeigetafeln: "Cannstatter Wasen: Es ist mit Verspätungen, überfüllten Zügen und verhaltensgestörten Personen zu rechnen." Da hatte sich wohl jemand richtig geärgert!
Dieser "Jemand" ist Bahn-Mitarbeiter, fuhr am Samstag selbst mit der Bahn zur Arbeit und traf dabei auf rücksichtslose und betrunkene Besucher des Cannstatter Wasen. Seinen Frust ließ er am Arbeitsplatz ab - mit der Änderung der Laufbandschrift. 45 Minuten stand die Warnung auf den Anzeigetafeln.
"Im Affekt gehandelt"
Der Hinweis auf dem Laufband wurde von mehreren Fahrgästen fotografiert und verbreitete sich über Facebook und Twitter rasend schnell.
In den sozialen Netzwerken habe es auch Zustimmung für die Aussage gegeben, bemerkte der Bahnsprecher. Er betonte aber, dass dies "natürlich nicht die Art ist, wie wir mit unseren Kunden kommunizieren wollen".
Daher entschuldigte sich die Bahn für den Mitarbeiter. Er habe im Affekt gehandelt. Es sei nun mal so, dass rund um das gut zweiwöchige Volksfest "einige ihre Kinderstube vergessen" und über die Stränge schlagen, sagte der Bahnsprecher. Schon vormittags rollten da mal Bierdosen durch die Züge, der Boden sei verklebt und Betrunkene pöbelten andere Fahrgäste an. Der eine oder andere Fahrgast müsse sich übergeben.
Mitarbeiter muss zum intensiven Rapport
Über ein erstes Gespräch mit dem Mitarbeiter sagte der Sprecher: "Er zeigte sich sehr einsichtig." Er solle noch ein zweites Mal zum intensiven Rapport bestellt werden. Man müsse aber auch "die Kirche im Dorf lassen". Zu möglichen Konsequenzen für den Mitarbeiter wollte sich Sprecher nicht äußern. Bei der Bahn-Gewerkschaft EVG in Frankfurt hieß es: Wenn der Mitarbeiter seinen Fehler eingesehen habe, könne man die Sache wohl "auf sich beruhen lassen".
Bei der Wasen-Leitung sieht man die Sache ebenfalls entspannt. Das sei eine interne Geschichte der Bahn, sagte ein Sprecher. Rund 4,1 Millionen Besucher haben nach ersten Schätzungen das 169. Cannstatter Volksfest besucht. Zum Vergleich: Zum Oktoberfest in München kamen 6,3 Millionen Gäste.