China "Die Regierung hat ihr Wort nicht gehalten"

Ren Cerao glaubte sich sicher vor dem Wasser des Drei-Schluchten-Damms. Als der Pegel noch einen Meter von seiner Hütte entfernt war, wusste er, seine Hoffnungen waren vergeblich. Wie er beklagen auch andere die mangelnde Informationspolitik der Behörden.

Zehn Tage lang hat der 71-jährige Ren Cerao zugesehen, wie sich das Wasser des Jangtses seiner Hütte in Wu Xia näherte. Er dachte, er sei sicher vor dem ansteigenden Wasserspiegel des Drei-Schluchten-Damms, den die chinesischen Behörden seit dem 1. Juni fluteten. Als der Pegel jedoch nur noch einen Meter von seiner Hütte entfernt war, wusste er, dass seine Hoffnungen vergeblich waren. Er musste erneut vor dem Wasser fliehen.

Insgesamt 1,3 Millionen Menschen umgesiedelt

Mit Hilfe seines Sohnes und seines Enkels begann Ren, seine Hütte auseinander zu nehmen, um sie weiter oben auf dem Hügel wieder aufzubauen. In der Hütte hatte er seit einem Jahr gelebt - seit die Behörden ihn aufgefordert hatten, wegen der bevorstehenden Flutung des Staudamms sein altes Haus zu verlassen. Insgesamt wurden 1,3 Millionen Menschen aus Überflutungsgebieten umgesiedelt. Allerdings beklagten Ren und andere, dass die Behörden nicht mitgeteilt hätten, bis wohin das Wasser am Ende steigen werde.

Die Regierung kündigte eine Entschädigung der betroffenen Dorfbewohner für den Verlust ihrer Häuser und Äcker an. Ren jedoch hat nach eigenen Angaben nichts für das Haus bekommen, in dem er 30 Jahre mit seiner mittlerweile verstorbenen Ehefrau lebte. "Die Regierung hat mir ein neues Haus versprochen, aber sie hat ihr Wort nicht gehalten", sagte er.

Tiere befreit, Stall abgebaut

Die drei Männer begannen in strömendem Regen mit dem Abbau der Hütte. Sie schleppten die schweren Balken den Hügel hinauf zu einer kleinen Lichtung, wo sie noch vor Einbruch der Dunkelheit eine neue Hütte errichteten. Zurück blieben einige Stützbalken, die am Abend bereits das Wasser umspülte. Bis zum Morgen erreichte das Wasser auch den Stall, in dem Ren seine zehn Ziegen hielt. Die Männer ließen die Tiere frei und bauten auch den Stall ab.

"Wir wissen nicht, wie lange das Wasser steigen wird", sagte Rens Enkel, Ren Yangao. Wenige Tage später lag auch die neue Hütte nur noch zehn Meter über dem Wasserpegel. Inzwischen hatte die Regierung jedoch den Abschluss der ersten Flutung erklärt. Die Behörden wollen den Wasserspiegel im kommenden Jahr um weitere 40 Meter ansteigen lassen. Dann muss Ren sein Zuhause erneut verlassen.

Greg Baker

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