Er ist das Sinnbild des gewaltlosen Widerstand: Gegen die Besatzung Tibets setzt er sich seit mehr als 60 Jahren ein. Nun hat der Damal Lama erklärt, dass er als Führer der tibetischen Exilregierung formell zurücktreten will. Er habe wiederholt erklärt, seine Befugnisse an eine von den Tibetern frei gewählte Regierung übertragen zu wollen, teilte der Dalai Lama am Donnerstag mit. Jetzt sei die Zeit dafür gekommen, dies umzusetzen.
Wie weit sich die überragende Rolle des Dalai Lama in der exiltibetischen Bewegung dadurch ändert, ist schwer abzuschätzen. Offensichtlich will der 76-Jährige mit dem Schritt die politischen Kompetenzen vor seinem Tod klarer regeln.
Vor mehr als sechzig Jahren begann sein Kampf um Tibets Unabhängigkeit. 1950 beim Einmarsch der Chinesen in das tibetische Hochland war der damals 15- Jährige sowohl spirituelles als auch politisches Oberhaupt seines Volkes. Tenzin Gyatso, so sein buddhistischer Mönchsname, suchte damals zunächst das Gespräch mit Chinas neuer kommunistischer Führung. Doch neun Jahre später, auf dem Höhepunkt des Aufstands der Tibeter, sah er sich im März 1959 zur Flucht nach Indien gezwungen. Zehntausende Landsleute folgten ihm.
Der aus Taktser in Osttibet stammende Flüchtling machte das nordindische Dharamsala zum Sitz der von keinem Land der Welt anerkannten tibetischen Exilregierung. Immer wieder warnt er vor der Gefahr eines "kulturellen Völkermordes" in Tibet.
Gegenüber China verfolgt er einen "Weg der Mitte". Ziel der Politik: Durch Dialog mit Peking soll eine "echte Autonomie" mit kulturellen und religiösen Freiheiten für die Tibeter innerhalb der Volksrepublik herbeigeführt werden. 1989 erhielt er dafür den Friedensnobelpreis, durch den der Widerstand der Tibeter weltweit bekannt wurde.
Bei jungen Exiltibetern ist diese Politik umstritten. Viele glauben, die Forderung nach Autonomie habe nach zahlreichen gescheiterten Gesprächsrunden mit China keinen Sinn mehr. Dennoch hält der Dalai Lama an seinem Kurs fest. Nach Jahrzehnten im Exil sei es eine "große Errungenschaft", dass die tibetische Sache weiterhin lebendig sei und auch die internationale Gemeinschaft großen Anteil daran nehme, sagte er unlängst - auch im Wissen darum, dass er mit seinem persönlichen Wirken einen erheblichen Anteil daran hat.