Als "einförmigen, supernationalistischen Blonden", also wie der italienische Staatssekretär Stefano Stefani, sieht Marianne ihren deutschen Michel schon lange nicht mehr. Zu eng sind die beiden nach gut vier Jahrzehnten der Aussöhnung liiert, auch wenn dies nicht unbedingt heißt, dass sie sich inzwischen sehr viel besser kennen. Ein deutscher Tourist muss aber in den Straßen von Paris kaum mehr befürchten, mit einem Nazi-Spruch angegangen zu werden.
Alte Lieder neu vertont
Andere Klischees, ob mit oder ohne Körnchen Wahrheit, sind tiefer verwurzelt. Es fehlt den Deutschen weiterhin an Humor, Esprit und Umgangsform, und er ist von Technik besessen. Es ist das alte Lied: Deutsche sind oft unangenehm pünktlich, kommen - vor allem in Verhandlungen - gleich zur Sache, arbeiten hart, vergessen dabei leicht das Genießen.
So krass wie Stefani können Franzosen ihre Nachbarn gar nicht sehen - Deutsche ziehen beim Massentourismus immer Italien und Spanien vor. Viele Franzosen glauben aber auch zu wissen warum: Die germanische Zunge tut sich einfach zu schwer mit der französischen Sprache, und der Nachbar will sie partout nicht lernen. Anderswo stellt man sich auch in der Küche auf ihn ein, hier eben nicht. Also kommt wohl nur, wer sowieso "La douce France" liebt.
Nach deutscher Manier überrollt
Wenn Rudi Völlers Nationalelf auf den Rasen läuft, dann ist bei den Fußballkommentatoren schnell von "La Mannschaft" die Rede, was (wie bei Ralf und Michael Schumacher) auch suggeriert, der Gegner werde jetzt nach deutscher Manier schlicht überrollt. Wenn Deutsche in der Seine-Metropole eine Wohnung mieten wollen, dann kommen gleich mehrere Klischees ins Spiel, positive wie negative.
Deutsche gelten als saubere Leute und zuverlässige Zahler, andererseits jedoch als betucht. Da helfen alle Medienberichte nichts, die den Deutschen als zwar immer noch reich, aber mit Problemen beladen zeigen. Abfällig an Teutonen denkt ein Franzose vielleicht noch, wenn er seine eigene Lebens- und Esskultur hochhält.