Nach scharfer Kritik aus dem Ausland hat sich der Vatikan vom Antisemitismus-Vergleich eines hohen Geistlichen in der Missbrauchsdebatte distanziert. Ein solcher Vergleich könne zu Missverständnissen führen, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Freitagabend.
Bei der traditionellen Karfreitagsprozession hat Papst Benedikt XVI. die Bedeutung der Hoffnung in den Vordergrund gestellt. "Unsere Misserfolge, unsere Enttäuschungen, unsere Bitternis, die den Zusammenbruch von allem zu bedeuten scheinen, werden von der Hoffnung erleuchtet", sagte er in am Kolosseum in Rom.
Zuvor hatte der Papst an der Karfreitagszeremonie im Petersdom teilgenommen, bei der ein hoher Geistlicher des Vatikans die Kritik an der katholischen Kirche im Missbrauchsskandal mit dem Antisemitismus verglich. In der Missbrauchsdebatte würden Stereotypen verwendet und persönliche und kollektive Verantwortung verwechselt; dies erinnere an die "schändlichsten Aspekte des Antisemitismus", zitierte der päpstliche Hausprediger Raniero Cantalamessa aus einem Solidaritätsbrief eines "jüdischen Freundes".
Mit Empörung habe er die Attacken gegen die katholische Kirche und den Papst verfolgt, hieß es weiter in dem Schreiben, das der Prediger verlas. Er beziehe sich nicht weiter auf die Missbrauchsfälle, durch die sich "nicht wenige Mitglieder des Klerus befleckt haben", denn darüber werde andernorts genug geredet, sagte Cantalamessa.
Zentralrat: "Widerwärtig und obszön"
Der Zentralrat der Juden in Deutschland bezeichnete die Bemerkungen als "Frechheit". "Es ist widerwärtig und obszön und vor allem beleidigend gegenüber den Missbrauchsopfern und auch den Opfern der Shoah", sagte Generalsekretär Stephan Kramer der Nachrichtenagentur Associated Press. Cantalamessa mache sich die Worte zu eigen und müsse dazu stehen.
Es handle sich um ein übliches Ablenkungsmanöver des Vatikans. Aus den Tätern sollten Opfer gemacht werden, kritisierte Kramer und fügte hinzu: "Ich habe bisher weder den Petersdom brennen sehen noch Gewaltausbrüche gegen katholische Priester." Kritik an den Äußerungen Cantalamessas kam auch aus den USA.