Berater und Betrüger Was macht eigentlich Helge Achenbach?

Interview: Kerstin Herrnkind
Art consultant Helge Achenbach waits in a courtroom of the district court for the trial to begin in Essen, Germany, 12 January 2015. He is accused of having cheated the ALDI heir Berthold Albrecht, who died in 2012, out of around 22 million euros in con...
© picture alliance / dpa
Der international bekannte Kunstberater wurde 2015 wegen Betrugs zu einer Gefängnisstrafe verurteilt

Sie sind Projektleiter bei dem gemeinnützigen Verein Culture without Borders. Was machen Sie da?
Ich kümmere ich mich um Künstler. Aktuell zum Beispiel um eine ukrainische Künstlerin, die vor dem Wahnsinn in der Ukraine geflohen ist. Hier, auf dem Bauernhof in der Nähe von Düsseldorf, dem Vereinssitz, leben aber noch mehr Künstler. Ich sorge dafür, dass es ihnen gut geht, und versuche, sie bei ihren Projekten zu unterstützen.

Beherbergen Sie nur Geflüchtete?
Nein, hier lebt ein afrikanischer Bildhauer von der Elfenbeinküste. Eine litauische Malerin wohnt hier, aber auch ein deutscher Bildhauer. Sie haben unterschiedliche Schicksale, die sie zu uns geführt haben. Jetzt geht es darum, sie aufzubauen. Materialien, Übernachtung und Verpflegung sind für sie frei.

Die Kunst hat Sie in den Knast gebracht. Trotzdem können Sie nicht von ihr lassen. Warum nicht?
Die Kunst hat mich nicht in den Knast gebracht. Das war die Gier. Kunst ist etwas Wundervolles. Sie hat etwas Heilendes, begleitet mich schon ein Leben lang und wird mich bis zu meinem Tod begleiten.

Aber Sie dürfen kein Geld mehr mit Kunst verdienen. Oder?
Ich habe mit Zins und Zinseszins ungefähr 30 Millionen Euro Schulden, verdiene etwa 980 Euro im Monat. Und unterstütze gelegentlich meine studierenden Kinder, aber ich kann von dem Geld ganz gut leben.

Stottern Sie Ihre Schulden an die Aldi-Erben ab?
Die Mitglieder der Familie haben einen Anspruch. Sobald ich mehr verdiene, kommt der Gerichtsvollzieher.

Nachfrage Helge Achenbach (FINAL) >> Helge Achenbach beriet Aldi-Erben Berthold Albrecht bei Kunstk  ufen und Oldtimern. Dabei betrog er ihn um Provisionen und landete daf  r im Knast. Inzwischen ist er wieder frei. Er wohnt auf einem Bauernhof in...
©  Jann Höfer

Achenbach wurde 1952 im nordrhein-westfälischen Weidenach geboren. Als Kunstberater beriet er reiche Kunden wie den Aldi-Erben Berthold Albrecht. Er betrog bei den Provisionen. Das Landgericht Essen verurteilte ihn 2015 wegen Betrugs zu sechs Jahren Haft. Seine Ehe ging in die Brüche, er verlor sein Millionenvermögen. Nach vier Jahren wurde Achenbach vorzeitig aus der Haft entlassen. Er lebt auf einem Bauernhof in Karst, kümmert sich um Künstler und hat ein Buch geschrieben:"Selbstzerstörung. Bekenntnisse eines Kunsthändlers".

Sie haben in einer Villa gelebt, sind um die Welt gejettet. Fehlt Ihnen der Luxus?
Überhaupt nicht. Um das zu verstehen, muss man wissen, woher ich komme. Ich habe Sozialpädagogik studiert, war Sozialarbeiter, wollte Entwicklungshelfer werden. Aber ich habe, seitdem ich denken kann, immer mit der Kunst gelebt. Das war das einzig Wichtige. Und das habe ich jetzt wieder, mache sogar selbst ein bisschen Kunst. Das ist das, was mich erfüllt.

Sie haben Künstler entdeckt, die später weltberühmt wurden. Wer hält Ihnen heute noch die Treue?
Der eine oder andere Künstler hält mir die Treue. Aber viele ignorieren mich. Das hat auch was mit dem Kunstmarkt zu tun. Ich habe bei den Verkaufsprovisionen betrogen und damit gegen eine Art Sakrileg verstoßen. Ich war plötzlich der böse Bube des Marktes. Ich wurde geächtet und werde von einigen immer noch geächtet.

Sie saßen vier Jahre im Knast. Haben Sie noch Kontakt zu Leuten von damals?
Ich habe Kontakt zu einzelnen Menschen aus dem Gefängnis, zu dem Pfarrer, der mir damals eine wichtige Stütze war. Zu der Kunsttherapeutin, mit der ich dort gemalt habe, aber auch zu einigen wenigen ehemaligen Strafgefangenen.

Als Sie im Gefängnis saßen, hat Ihre Frau in ihrem Bestseller "Meine Wäsche kennt jetzt jeder" intime Details preisgegeben.
Ich kann sehr gut verstehen, dass meine Frau enttäuscht war. Sie war ja völlig ahnungslos und unschuldig. Sie brauchte eine Form, das alles aufzuarbeiten.

Kürzlich wurden Sie 70. Ihre Bilanz?
Dass es sich lohnt, wahrhaftig zu sein. Das, was ich getan habe, bereue ich zutiefst. Das habe ich ja auch in meinem Buch "Selbstzerstörung" geschrieben. Nun bemühe ich mich um radikale Ehrlichkeit. Jeden Tag.

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