Vor dem nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgericht ist der Prozess zwischen AfD und Verfassungsschutze in eine weitere Runde gegangen. Streitpunkt am Donnerstag war der Volksbegriff der Partei. Der Verfassungsschutz wirft der AfD vor, sie unterscheide zwischen einem ethnisch definierten deutschen Volk und einem rechtlich definierten Staatsvolk. Auch deshalb hatte der Verfassungsschutz die Partei als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft.
Die AfD geht dagegen vor. Bundesvorstand Peter Boehringer verwies am Donnerstag auf die verabschiedeten Parteiprogramme. An deren Inhalten müsse die Partei bei der Frage gemessen werden. Dagegen betonte der Anwalt des Verfassungsschutzes, Wolfgang Roth, dass Parteivertreter immer wieder bei ihren Äußerungen zwischen dem deutschen Staatsvolk und der ethnischen Identität unterscheiden würden. Das sei ausdrücklich eine Abwertung der anderen. "Das sind dann Bürger zweiter Klasse", sagte Roth. Das Grundgesetz aber unterscheide nicht zwischen Staatsvolk und Volk.
Thomas Jacob, Richter des 5. Senats wies darauf hin, dass damit die offene Wunde klar definiert sei. Die Partei verweise auf das eigene Programm, während der Verfassungsschutz Aussagen von Parteivertretern zitiere. "Die Argumente liegen auf dem Tisch und wir müssen es bewerten", sagte Jacob.
Einzeläußerungen oder AfD-Parteilinie?
Der 5. Senat des OVG soll klären, ob das Urteil aus der Vorinstanz am Verwaltungsgericht Köln Bestand hat. Das Bundesamt mit Sitz in Köln hatte die Partei sowie die Jugendorganisation Junge Alternative (JA) als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft.
In einem weiteren Punkt ging es um die Sicht der AfD auf den Islam. Der Verfassungsschutz wirft der Partei pauschale Urteile, Islamfeindlichkeit und damit einen Verstoß gegen das Grundgesetz vor.
Roth zitierte hochrangige Parteivertreter mit Worten wie "Hab acht vor muslimischen Jungs und Männern" oder der Warnung vor der "Flutung Europas mit Muslimen und Messermoslems". Roth beklagte die fehlende Differenzierung, wenn etwa der Islam von AfD-Vertretern "in Gänze" als terroristische Vereinigung bezeichnet werde. Muslime würden immer wieder pauschal verunglimpft.

Nach den zwei ersten Verhandlungstagen im März und der folgenden Unterbrechung hat der 5. Senat des OVG am Donnerstag etwas mehr aufs Tempo gedrückt. Der Vorsitzende Richter Gerald Buck unterbrach die Beteiligten mehrfach, wenn bereits bekannte Inhalte wiederholt wurden. Die von den AfD-Anwälten im Vorfeld angekündigten neuen 457 Beweisanträge waren noch kein Thema. Bis Juni hat das OVG noch zwölf Termine angesetzt. Wann es ein Urteil geben könnte, ist derzeit nach Angaben einer Gerichtssprecherin nicht absehbar.