Die ägyptische Justiz hat erstmals seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak eine Gefängnisstrafe gegen ein früheres ranghohes Führungsmitglied verhängt. Ex-Innenminister Habib el Adli wurde am Donnerstag von einem Gericht in Kairo zu zwölf Jahren Haft wegen Veruntreuung von Geldern verurteilt. Der frühere Minister muss sich noch in einem weiteren Prozess wegen der Anordnung von Gewalt gegen ägyptische Demonstranten verantworten.
El Adli werde wegen "persönlicher Bereicherung zu sieben und wegen Geldwäsche zu fünf Jahren Gefängnis" verurteilt, sagte Richter El Mohamadi el Kunsuwa in dem streng gesicherten Gefängnis im Süden von Kairo. El Adli, der auf nicht schuldig plädiert hatte, verfolgte den kurzen Urteilsspruch von einem vergitterten Bereich im Saal aus. Sein Anwalt sowie Familienmitglieder waren nicht anwesend. El Adli muss außerdem 15 Millionen ägyptische Pfund (etwa 1,7 Millionen Euro) Strafe zahlen.
El Adli war unter dem am 11. Februar unter dem Druck der Massenproteste zurückgetretenen Präsidenten Mubarak rund zwölf Jahre Innenminister. In der Bevölkerung war er gefürchtet, da unter seinem Kommando über Polizei und Sicherheitskräfte Menschenrechtsorganisationen zufolge Folter und Misshandlungen an der Tagesordnung waren. Sein Rücktritt war eine der zentralen Forderungen der Demonstranten zu Beginn des Jahres. In einem letzten Versuch, die Demonstranten zu beruhigen, setzte Mubarak seinen Minister wenige Tage vor seinem Rücktritt im Zuge einer Regierungsumbildung ab.
Dem Ex-Innenminister wird außerdem vorgeworfen, das gewaltsame Vorgehen gegen Demonstranten während der Proteste gegen Mubarak angeordnet zu haben. Wegen des mutmaßlichen Befehls, auf Protestierende zu schießen, muss er sich in einem gesonderten Prozess verantworten. Dieses Verfahren war Ende April eröffnet worden und soll am 21. Mai fortgesetzt werden. In diesem Prozess droht el Adli sogar die Todesstrafe. Einer unabhängigen Untersuchung zufolge wurden bei der Revolte in Ägypten 846 Menschen getötet.
Es war das erste Mal, dass ein ehemaliger Gefolgsmann Mubaraks verurteilt wurde. In Untersuchungshaft sitzen derzeit auch Mubarak selbst, der in einer Klinik im Badeort Scharm el Scheich behandelt wird, sowie seine beiden Söhne Alaa und Gamal, die in Kairo inhaftiert sind.
Ägyptens Justiz ermittelt außerdem gegen den früheren Regierungschef Ahmed Nasif sowie gegen Ex-Finanzminister Jussef Butros Ghali. Neben Verwicklungen in das gewaltsame Vorgehen gegen Demonstranten prüft die Justiz vor allem Korruptions- und Betrugsvorwürfe.