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Zum Tag gegen Gewalt an Frauen Einer der gefährlichsten Orte für eine Frau ist das eigene Zuhause. Es wird Zeit, dem ein Ende zu setzen!

Berlin: Eine Schaufensterfigur mit einem Klebeband mit der Aufschrift "verschleppt" der Kunst-Installation "Broken" des Künstlers Dennis Josef Meseg steht zum "Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen" am Potsdamer Platz im vergangenen Jahr
Berlin: Eine Schaufensterfigur mit einem Klebeband mit der Aufschrift "verschleppt" der Kunst-Installation "Broken" des Künstlers Dennis Josef Meseg steht zum "Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen" am Potsdamer Platz im vergangenen Jahr
© Fabian Sommer / DPA
Gewalt gegen Frauen ist und bleibt ein weltweites Problem. Darauf will der jährliche Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November aufmerksam machen. Die Debatte an diesem Tag zu führen reicht nicht, ist aber ein Schritt in die richtige Richtung.
Von Linda Peikert

Nachts, ein einsamer Weg, wenig Straßenlaternen, nur die bedrohliche, große Gestalt hinter ihr. Seine Schritte werden schneller, ihre auch.

Das ist das, wovor wir alle Angst haben. Wir Frauen, unsere Freund*innen, unsere Eltern. Deshalb rufen wir uns gegenseitig an, wenn wir sicher Zuhause angekommen sind. Deshalb gönnen wir uns öfter ein Taxi, als das unser Kontostand eigentlich zulässt. Deshalb schränken wir uns immer wieder selbst ein, gehen zum Beispiel nur ungern oder gar nicht alleine auf eine Party oder in eine Bar. Wobei das hat auch noch weitere Gründe: die nervigen Blicke, die unbekannte Hand an der Taille oder am Po und die blöden Sprüche, wegen denen man sowieso keinen entspannten Abend haben wird. Das ist Gewalt. Gewalt, der so viele Personen im Alltag ausgesetzt sind, über die aber nur wenig öffentlich gesprochen wird.

Die Gefahr in den eigenen vier Wänden

Der böse Unbekannte, der nachts Frauen auf der Straße auflauert, ist der, über den medial am meisten berichtet wird. Viel öfter sind Frauen aber von den Männern in ihrem Umfeld bedroht. An der Spitze: der Partner oder Expartner. Einer der gefährlichsten Orte für eine Frau ist das eigene Zuhause. Der dunkle Heimweg macht Angst. Sobald die vermeintlich schützende Wohnungstür zu ist, lauert statistisch gesehen noch mehr Gefahr. Und das nur wegen des eigenen Geschlechts. Was für eine verdammte Ungerechtigkeit. Studien stützen die These:

  • Ein Drittel aller Frauen in Deutschland haben mindestens einmal physische und bzw. oder psychische Gewalt erlebt.
  • Jede vierte Frau erlebt mindestes einmal in ihrem Leben körperliche oder sexualisierte Gewalt von ihrem Partner oder ihrem Expartner.
  • Jeden Tag versucht ein Mann seine Partnerin oder Expartnerin zu töten, jeden dritten Tag gelingt es. Allein in Deutschland.

Die Zahlen stammen aus der Zeit vor der Pandemie. Die Lage hat sich weiter zugespitzt. Die Eindämmung der Pandemie ist wichtig, und trotzdem darf die sogenannte Schatten-Pandemie nicht vergessen werden. Während jedes Lockdowns werden Frauen mit ihren Peinigern Zuhause eingesperrt. Die Nachbarin, der Kollege, die Freundin sehen keine blauen Flecken oder können nicht unverfänglich zwischen Tür und Angel angesprochen werden. Konflikte spitzen sich in den eigenen vier Wänden zu. Die Flucht wird unter Umständen unmöglich. Das Private wird noch privater und somit auch noch politischer.

Edith Stehfest spricht in dem Formt #VoxStimme über sexualisierte Gewalt.

Politische Lösung bisher mangelhaft

Die politische Lösung heißt Istanbul-Konvention. Dreizehn Staaten, darunter auch Deutschland, haben sie 2011 unterschieben und sich verpflichtet, für mehr Sicherheit für Frauen zu sorgen. Die deutsche Regierung hat inzwischen eine Aufklärungskampagne und ein Hilfetelefon gestartet. Aber ein umfassendes Konzept zum Abbau männlicher Gewalt gegenüber Frauen, Inter, Trans oder Nichtbinären? Fehlanzeige.

Das kritisierte auch das Bündnis Istanbul-Konvention dieses Jahr im März: Eine Gesamtstrategie, um Mädchen und Frauen ein gewaltfreies Leben zu ermöglichen fehlt. "Insbesondere für Gruppen, wie Frauen mit Flucht- oder Migrationsgeschichte, mit Behinderungen, diversen geschlechtlichen Identitäten oder in Wohnungslosigkeit, ist der in der Konvention verankerte Zugang zu Prävention, Schutz, Beratung und Recht nach wie vor mangelhaft", besagt der Alternativbericht des Bündnisses. Das Problem unserer Gesellschaft sind die tief verankerten, patriarchalen Strukturen. Und wer schaut hin? 

Nicht noch eine weniger

Am heutigen Tag diese Debatte zu führen, reicht nicht und ist trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung: Der 25. November, der Tag gegen Gewalt gegen Frauen ist wichtig. Der Ursprung stammt aus Lateinamerika. Dort ist die Situation in vielen Regionen noch viel gravierender als hier in Deutschland. Der Aktivismus gegen die patriarchalen Strukturen aber auch.

Bewegungen wie "Ni Una Menos" (übersetzt: Nicht noch eine weniger) schaffen Öffentlichkeit für Femizide, unzählige Frauen gehen auf die Straßen. Auch hier ziehen heute Demonstrationszüge durch die Städte. Frauen mit Trillerpfeifen fordern die Nacht zurück und kämpfen für die Sicherheit von Frauen, Inter, Trans und Nichtbinären. Um im Dunkeln ohne Bedenken alleine nach Hause laufen zu können. Um sich im eigenen Zuhause sicher zu fühlen. Um keine Angst zu haben, Freundinnen wegen männlicher Gewalt zu verlieren.

yks

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