True Crime "Unabomber": Wie ein Mathematik-Genie zum landesweit gefürchteten Attentäter wurde

Theodore Kaczynski 1996 im "Lewis and Clark"-Gefängnis
Theodore Kaczynski 1996 im "Lewis and Clark"-Gefängnis
© "Lewis and Clark"-Gefängnis / Picture Alliance
Theodore Kaczynski verschickte in den USA 17 Jahre lang Pakete und Briefe mit Sprengsätzen. Ermittlungen der Polizei und des FBI waren erfolglos. Am Ende verriet ihn sein eigenes Manifest.

Am 22. Januar 1997 ging der Gerichtsprozess gegen den angeklagten Theodore Kaczynski übberraschend zu Ende. Der Mann, der vor dem Bekanntwerden seiner Identität vom FBI als "Unabomber" (University und Airline Bomber) bezeichnet wurde, bekannte sich an diesem Tag schuldig. Kaczynski verschickte zwischen 1978 und 1995 insgesamt 16 Paketbomben, wodurch drei Personen getötet und weitere 23 verletzt wurden. Er wurde zu viermal lebenslanger Haft verurteilt.

Kaczynski wuchs als Sohn von polnischen Einwanderern in einfachen Verhltnissen in einem Vorort von Chicago in den USA auf. Schon früh wurde bei ihm eine überdurchschnittliche Intelligenz festgestellt. Mit einem IQ von 167 übersprang er die 6. und die 11. Klasse. Anschließend begann er als 16-Jähriger ein Mathematikstudium an der Elite-Universität Harvard, für das er ein Stipendium bekomman hatte.

Ab 1959 war der damals 17-Jährige Teil einer Persönlichkeitsstudie namens "Multiform Assessments of Personality Development", welche wohl für das CIA durchgeführt wurde. Kaczynski nahm dabei wöchentlich an psychischen Stresstests und erniedrigenden Verhörsituationen teil. Ziel der Studie, die vom Psychologieprofessor Henry A. Murray durchgeführt wurde, war die Optimierung von Gehirnwäsche-Methoden. Bis heute werden die Daten dieser Studie unter Verschluss gehalten.

Vom Mathematik-Genie zum landesweit gefürchteten Attentäter

Nachdem er sein Bachelorstudium in Harward abgeschlossen hatte, ging Kaczynski nach Michigan, absolvierte dort sein Masterstudium in Mathematik, promovierte und arbeitete als Dozent. Wirklich erfüllend schien diese Aufgabe jedoch nicht für ihn zu sein. Nach zwei Jahren, in denen er als Assistenzprofessor in Berkly arbeitete, kündigte er seinen Job und zog wieder in die Nähe seiner Eltern.

Als er mit seinem Bruder in einer Fabrik arbeitete, verliebte er sich in eine Kollegin. Die erwiderte aber seine Gefühle nicht und Theodore begann sich nach der Ablehnung so seltsam zu verhalten, dass sein Bruder ihn schließlich aus der Firma warf. Das war offenbar der Zeitpunkt, an dem Kaczynski beschloss, von der Gesellschaft nichts mehr wissen zu wollen. Er zog in eine etwa 11 Quadratmeter große Holzhütte in den Wäldern von Montana. Dort gab es weder Strom noch fließendes Wasser. Er baute Gemüse an, ging auf die Jagd und lebte als Selbstversorger.

Holzhütte mitten im Wald
In dieser Holzhütte in Montana lebte Theodore Kaczynski als Selbstversorger
© Elaine Thompson / Picture Alliance

Mit sich und seinen Gedanken allein, begann er schließlich Anschläge zu planen. Im Mai 1978 adressierte er seine erste Paketbombe an einen Professor an der Northwestern Universität. Dieser reichte das Paket allerdings weiter an die Polizei – beim Öffnen wurde ein Polizist verletzt. Es folgten weitere Attentate dieser Art: Kaczynski schickte mit Sprengsätzen versehene Pakete und Briefe an Universitäten, Airlines und Computerläden. Am 11. Dezember 1985 wurde der erste Mensch dadurch getötet – ein Computerladenbesitzer aus Sacramento im US-Bundesstaat Kalifornien. Der "Unabomber" tötete später noch zwei weitere Menschen, den Manager einer Werbeagentur und den Präsidenten einer Lobbygruppe der Holzindustrie. Weitere Menschen wurden durch seine Bomben verletzt. Das FBI hatte inzwischen eine Sonderermittlungseinheit gegründet. Die jahrelangen Nachforschungen blieben jedoch ohne Erfolg. 

Sein Manifest überführte ihn

1995 beschloss Kaczynski, ein Manifest von 35.000 Wörtern an die "New York Times" und die "Washington Post" zu schicken. Bei einer Veröffentlichung seines Textes würde er mit seinen Anschlägen aufhören. Der Titel des Schriftstücks lautete "Die industrielle Gesellschaft und ihre Zukunft". Er argumentierte darin, dass Technologien die Gesellschaft destabilisieren und dass die Gesellschaft an ein System angepasst werden solle. Sein Wunsch war es, dass die Menschen wieder zur wilden Natur zurückkehren. Offenbar so wie er in seiner Holzhütte.

In der Hoffnung, jemand würde den Stil seines Schreibens wiedererkennen, rieten das FBI und die Staatsanwaltschaft zur Veröffentlichung. Und tatsächlich: Kaczynskis Bruder und seine Schwägerin konnten Rückschlüsse ziehen. Sie kontaktierten einen Anwalt, der die Ermittler informierte. Theodore Kaczynski wurde am 3. April 1996 in seiner Hütte verhaftet. Seine lebenslange Haftstrafe verbüßte er im Hochsicherheitsgefängnis ADX Florence in Colorado. Seit 2021 befindet sich der inzwischen 80-Jährige in einem medizinischen Zentrum, welches auf Gefängnisinsassen mit Herzproblemen spezialisiert ist.

Quellen:  Spiegel, DLF

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