Ein Detail aus dem Obduktionsbericht im Fall Tuğçe ließ am Morgen erschaudern: Ein Ohrring habe sich durch den Schlag des mutmaßlichen Täters Sanel M. in den Schädel gebohrt und so wohl zum Tode der türkischstämmigen Studentin geführt, berichtete "bild.de". Der Anwalt der Familie Albayrak, Macit Karaahmatoglu, widerspricht gegenüber dem stern dieser Darstellung. Das medizinische Gutachten stelle lediglich eine Vermutung auf und relativiere sich gleich selbst.
"Es ist mehr als ungewiss, dass ein Ohrring überhaupt zu ihrer Verletzung beitragen hat. Von einem Reinbohren eines Ohrrings kann ohnehin nicht die Rede sein", heißt es in einer Stellungnahme Karaahmatoglus. Schon allein die Fläche der durch den Sturz Tuğçes verursachten Bruchstelle spreche dagegen, sie sei für den Ohrring zu groß. "Selbst wenn man unterstellt, dass dieser Ohrring zur Verletzung beigetragen hat", so Karaahmatoglu weiter, "kann sie für die Herbeiführung der tödlichen Verletzung nicht entscheidend sein."
Juristisch nicht relevant
Der Jurist ergänzt, dass die Frage nach dem Ohrring für die juristische Bewertung des Falls irrelevant ist. Schließlich sei es von vornherein klar gewesen, dass nicht der direkte Schlag des mutmaßlichen Täters Tuğçe getötet habe, sondern die Folgen des Sturzes aufgrund des Schlages. "Daher ermittelt die Staatsanwaltschaft seit dem Tod von Tuğçe wegen Körperverletzung mit Todesfolge", so der Anwalt weiter.
Fest stehe, dass Tuğçe nach dem Schlag auf den Kopf ungebremst auf den Asphalt geknallt ist und sich dadurch die tödlichen Verletzungen zugezogen habe. Nach jetzigem Ermittlungsstand muss laut Karaahmatoglu davon ausgegangen werden, dass Tuğçe unmittelbar nach dem verhängnisvollen Schlag in Ohnmacht fiel.