Hinweis: Fahnder konnten den Mann am 5. April in Berlin festnehmen. Das teilte die Polizei auf Twitter mit. Daher wurde das Bild des Gesuchten verfremdet und der Name abgekürzt.
Weil er vor fast 13 Jahren einen 22-Jährigen im Wahn mit einem Messer tötete, saß Hendrik S. im Berliner Maßregelvollzug. Mitte März gelang dem noch immer als gefährlich eingestuften Mann auf einem Freigang die Flucht. Nun fahndet die Berliner Polizei öffentlich mit seinem Foto. Wer den 34-Jährigen sieht, soll ihn allerdings auf keinen Fall ansprechen und sofort den Notruf wählen, bittet die Behörde. Er benötige "regelmäßige Medikation" und es sei "nicht auszuschließen, dass Hendrik S. ein Messer mit sich führt".
Auf stern-Nachfrage erklärt eine Polizeisprecherin, warum man nicht sofort nach seiner Flucht an die Öffentlichkeit ging: "Wir müssen zunächst allen anderen Hinweisen nachgehen und wir hatten einige sehr vielversprechende Ansätze". Vergangene Woche hätten die Medikamente, die er in der Klinik verabreicht bekam, "so langsam ihre Wirkung verloren", so die Sprecherin. "Daher hatten wir dann einen größeren Druck, auch die Öffentlichkeit zu informieren."
Hendrik S. nach tödlicher Messerattacke im Maßregelvollzug
S. befand sich seit August 2007 "im Krankenhaus des Maßregelvollzugs". Übereinstimmenden Medienberichten zufolge war der Mann in der forensischen Psychiatrie auf dem Gelände der ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik untergebracht, im Volksmund auch Bonnies Ranch genannt. Während eines begleiteten Freigangs entkam er. Wie genau ihm die Flucht gelang, ist nicht bekannt. Die im Fall von Maßregelvollzug zuständige Behörde gibt sich auf stern-Anfrage schmallippig: "Am 14. März 2019 hat der Patient seinen begleiteten Ausgang zur Flucht genutzt", heißt es von der Senatsverwaltung für Pflege, Gesundheit und Gleichstellung lediglich.
Die Lockerung seines Maßregelvollzugs habe seit Ende Oktober 2018 gegolten. Seitdem sei er 17 Mal in unterschiedlicher Begleitung, etwa von Pflegern, Sozialarbeitern oder Therapeuten auf Freigängen gewesen. Laut der Behörde befand sich S. auf der "Vollzugslockerungsstufe 1a", also der ersten Stufe von insgesamt elf, die ein Patient durchlaufen muss, bis er entlassen werden kann.
Kurz vor Weihnachten 2006 hatte S. in Berlin-Spandau einen ihm flüchtig bekannten Mann auf der Straße niedergestochen, nachdem die beiden aneinandergeraten waren. Der Schwerverletzte schleppte sich damals bis in seine nahegelegene Wohnung zu seiner schwangeren Freundin, verstarb aber kurz darauf. Zwei Stiche hatten sein Herz getroffen.
S. war wegen Totschlags angeklagt, Gutachter erkannten bei ihm eine wahnhafte Störung. Der Richter sah eine "Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen" und ordnete nach Paragraph 63 im Strafgesetzbuch (StGB) die Unterbringung in einer Psychiatrie an. Dort sitzen Täter ein, bis ihnen bescheinigt wird, dass von ihnen keine Gefahr für schwere Straftaten mehr ausgeht. Dies wird einmal jährlich von Sachverständigen überprüft. Theoretisch können Verbrecher hier also deutlich länger einsitzen, als für die Straftat üblich.
Die Kriminalpolizei will wissen, wer den Mann seit dem 14. März gesehen hat oder weiß, wo er sich seitdem aufhält. Zudem erhoffen sich die Beamten Informationen zu möglichen Kontaktpersonen von S. oder "zu Orten, an denen der Flüchtige verkehrt".
Quellen: Polizei Berlin / Staatsanwaltschaft Berlin / Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung / Gesetze im Internet / "B.Z."
