Breivik-Prozess "Wir haben gewonnen, er hat verloren"

Frida rettete sich mit einer Schusswunde am Bein schwimmend von Utøya. Dass sie gegen den Attentäter Anders Behring Breivik aussagen musste, belastete die 20-Jährige. Dennoch richtete sie das Wort gegen ihren Peiniger.

Frida hat ihre langen, roten Haare mit einem Blumenhaarreifen aus dem Gesicht geschoben. Die Locken umspielen das zarte Gesicht. Sie wirkt jünger als die 20 Jahre, die sie ist. Frida Holm Skoglund wurde bei ihrer Flucht von Utøya von Anders Behring Breivik angeschossen. Am Montag sagte sie gegen den Attentäter aus. Die 20-Jährige war die erste Zeugin, die verlangte, dass Breivik den Gerichtssaal 250 während ihrer Aussage verlassen muss. Der Angeklagte musste mit seinen Verteidigern Tord Jordet und Odd Ivar Grøn in einen Nebenraum umziehen.

Als Breivik am 22. Juli zu schießen begann, rannte Frida zusammen mit anderen Jugendlichen vom Zeltplatz quer über die Insel. "Stopp, komm zurück", habe Breivik gerufen. Irgendwann auf ihrer Flucht bis zur Südspitze traf Breivik sie am Bein. "Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich getroffen wurde. Eine Freundin sagte mir, dass ich am Bein getroffen wurde. Ich spürte etwas Kantiges dort und zog es raus", berichtet Frida laut der norwegischen Zeitung "Verdens Gang", die aus dem Gerichtssaal Wort für Wort berichtet.

Eine Stunde im Wasser

An der Südspitze angekommen, hatte Frida keine Wahl. Von hinten kam Breivik, vor ihr lag der eiskalte Tyrifjord. 600 Meter waren es bis zum Ufer, auf der kürzesten Strecke. Frida zog sich Stiefel und Jacke aus, begann zu schwimmen. Das angeschossene Bein schmerzte, also konnte sie nur noch mit einem Bein schwimmen, bekam einen Asthmaanfall. "Ich bin mehrfach untergegangen, hab viel Wasser geschluckt", erzählt Frida. Sie schätzt, dass sie gut eine Stunde im Wasser war. Ein Boot hat sie 100 Meter vor dem Ufer gerettet. Frida erzählt leise, sie ist ganz offensichtlich nervös. Auch wenn Breivik nicht mehr im Gerichtssaal ist. Arbeiten kann Frida seit dem Massaker nicht, sie ist krankgeschrieben. "Ich habe starke Schuldgefühle. Ich war Delegationsleiterin und habe die drei jüngsten Teilnehmer verloren."

"Die norwegische Jugend kann schwimmen"

Am Ende der Schilderung ihrer furchtbaren Erlebnisse bei dem anderthalbstündigen Massaker antwortete sie auf die Frage eines Anwalts der Nebenkläger, ob sie eine Botschaft an den Täter habe: "Wir haben gewonnen, er hat verloren, und die norwegische Jugend kann schwimmen." Sie bezog sich damit auf eine frühere Aussage Breiviks, dass er vorgehabt habe, 100 junge Teilnehmer des sozialdemokratischen Sommerlagers auf Utøya in den eiskalten Fjord zu treiben und dort bei Fluchtversuchen ertrinken zu lassen.

Die gesamte Woche über werden weitere junge Zeugen aussagen, die von Breivik verletzt wurden, aber das Massaker überlebten. Der Prozess gegen Breivik dauert noch bis zum 21. Juni. Das Urteil gegen ihn soll in der zweiten Julihälfte verkündet werden.

mit Agenturen

PRODUKTE & TIPPS