Stellungnahme Mord-Videos: Wie Facebook reagieren will

"Facebook Mörder"Steve Stephens
Die US-Polizei sucht Steve Stephens. Er soll Videos seines Mordes bei Facebook hochgeladen haben - das Unternehmen verspricht Konsequenzen.
© James H. Collins/AP/Cleveland Police/AFP
Der Fall sorgt für Entsetzen - wieder einmal: Im US-Bundesstaat Ohio wird ein Mann erschossen, der mutmaßliche Täter soll bei Facebook Videos der Tat hochgeladen haben. Das soziale Netzwerk verspricht Konsequenzen - wieder einmal.

Seit Ostersonntag fahndet die Polizei im Mittleren Westen der USA mit einem Großaufgebot nach Steve Stephens, der einen Mann kaltblütig erschossen und die Tat bei Facebook gezeigt haben soll. In dem Video, das zwischenzeitlich auf Stephens' Seite zu sehen war, verlässt ein Mann einen Wagen und geht mit einer Schusswaffe auf einen anderen Mann zu. Er hält die Waffen dann an den Kopf des Opfers und drückt ab. Der zweite Mann fällt zu Boden.

Es ist nicht das erste Mal, dass das Video einer Gewalttat bei Facebook gezeigt wird und das soziale Netzwerk kündigt jetzt erneut an, Konsequenzen ziehen zu wollen - es herrscht das Prinzip Wiedervorlage.

In einer ersten Stellungnahme beteuert der Milliarden-Konzern: "So eine Tat hat keinen Platz auf Facebook. Sie widerspricht unserer Politik und allem, wofür wir stehen." Als Folge aus der Veröffentlichung des Videos wolle man prüfen, wie derartige Inhalte von Nutzern so leicht und so schnell wie möglich gemeldet werden können.

Sperrung des Videos erst nach über zwei Stunden

Im konkreten Fall des Mordes von Ohio habe es erst fast zwei Stunden nach Veröffentlichung des Videos die erste Meldung gegeben. Das Konto des Verdächtigen sei dann innerhalb von 23 Minuten deaktiviert worden. Als Beleg für die vermeintlich schnelle Reaktion führt Facebook den zeitlichen Verlauf des Umgangs mit dem Fall an (Zeitangaben jeweils Pacific Daylight Time, Ortszeit im Westen der USA):

  • 11.09 Uhr: Ein erstes Video wird hochgeladen, es wird nicht gemeldet.
  • 11.11 Uhr: Ein zweites Video wird hochgeladen.
  • 11.22 Uhr: Der Verdächtige nutzt für fünf Minuten die Live-Streaming-Funktion des Netzwerkes.
  • 11.27 Uhr: Der Live-Stream endet, das Video wird kurz darauf gemeldet.
  • 12.59 Uhr: Das zweite Video wird erstmals gemeldet.
  • 13.22 Uhr: Der Account des Verdächtigen wurde deaktiviert, alle Videos des Mannes sind nicht mehr sichtbar.

"Wir wissen, dass wir das besser machen müssen", kommentiert Facebook-Vize Justin Osofsky den Verlauf.

Facebook sieht Nutzer in der Pflicht

Ein Eingeständnis, dem Taten folgen sollten. Was jetzt allerdings konkret geplant ist, lässt der Internet-Gigant offen, stattdessen folgen einige bekannte Allgemeinplätze: "Wir erforschen, wie neue Technologien uns helfen können, Facebook zu einer sicheren Umgebung zu machen." Künstliche Intelligenz solle zum Beispiel dabei helfen, dass gelöschte oder gesperrte Videos nicht erneut geteilt werden. Auch die internen Prüfprozesse sollen verbessert werden: Bestimmte gemeldete Inhalte werden dem Statement zufolge priorisiert behandelt, insgesamt sollen die Überprüfungen schneller werden.

Es gibt keine Lösung für das Problem

Letztendlich deutet die Stellungnahme von Facebook wieder darauf hin, dass das Unternehmen die Verantwortung für die hochgeladenen Inhalte bei den Nutzern sieht. Diese Argumentation nutzt das Netzwerk auch in der Diskussion um den Umgang mit Hass-Kommentaren oder Fake-News. Die Community ist es auch, die hauptsächlich dafür sorgen soll, dass verstörende Inhalte wieder von der Plattform verschwinden, denn die internen Überprüfungen sind immer noch auf die Meldungen der Nutzer angewiesen. Die Konsequenz daraus zeigt das aktuelle Beispiel aus Ohio: Zwar ist das Live-Video relativ schnell nach der Veröffentlichung gemeldet worden; bis die Prüf-Teams von Facebook dann allerdings auch die beiden vorangegangen Videos gesperrt haben, vergingen über zwei Stunden.

Das Grund-Dilemma bleibt aber auch, wenn die Prozesse schneller werden oder künstliche Intelligenz über die Uploads wacht: Facebooks Live-Videos können nützliche, faszinierende, tolle Inhalte sein - sie geben aber Kriminellen auch immer die Chance, schockierende Videos zu verbreiten - in Echtzeit. Facebook wird damit immer einen Schritt hinterher sein und hat offenbar noch keine Antwort auf das Problem.

AFP

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