Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich am Dienstag mit der Frage befasst, welche Grenzen Medien bei ihrer Berichterstattung aus Prozessen beachten müssen. Bei der mündlichen Verhandlung über die Klage des Wettermoderators Jörg Kachelmann wurde vor allem darüber gestritten, ob das beklagte Online-Portal bild.de Details aus dessen Intimleben veröffentlichen durfte, die in dem Vergewaltigungsprozess gegen ihn zur Sprache kamen.
Ausgangspunkt des Streits ist ein Artikel, in dem bild.de über Details berichtet hatte, die aus der Aussage Kachelmanns zur Tatnacht stammten. Das Mannheimer Landgericht hatte diese Aussage mit der Zustimmung des später freigesprochenen Angeklagten in der öffentlichen Verhandlung verlesen. Kachelmann, dem vorgerworfen worden war, seine Ex-Freundin vergewaltigt zu haben, hatte darin detailliert den Ablauf des angeblichen Tatabends aus seiner Sicht geschildert, um sich zu entlasten.
Kachelmanns Anwalt Matthias Siegmann warf bild.de am Dienstag vor dem BGH vor, die "schlüpfrigen Details" wiedergegeben zu haben, "um den Voyeurismus der Leser zu befriedigen". Damit sei gegen das Persönlichkeitsrecht Kachelmanns verstoßen worden. Der Artikel verdeutliche "in keiner Weise", welche Bedeutung diese Details für die Verteidigung des damaligen Angeklagten gehabt hätten. Solch eine Darstellung lasse sich deshalb auch nicht mit dem Auftrag der Medien vereinbaren, zur Meinungsbildung der Öffentlichkeit beizutragen.
Entscheidung am Dienstagnachmittag erwartet
Der Rechtsvertreter des beklagten Springer-Verlags, Reiner Hall, wies diese Vorwürfe zurück. Über die umstrittene Details sei in öffentlicher Verhandlung berichtet worden. Es sei deshalb das Recht und die Pflicht der Medien, die breite Öffentlichkeit an der Öffentlichkeit im Gerichtssaal teilhaben zu lassen. Medien müssten die "Kerntatsachen" aus Verfahren berichten dürfen. Nichts anderes sei in dem Artikel geschehen. Bereits in der Überschrift sei darauf hingewiesen worden, dass es sich um Indizien handele. Der Vorwurf einer aus dem Zusammenhang gerissenen Darstellung sei deshalb falsch, sagte Hall.
Der BGH wollte seine Entscheidung womöglich noch am späten Nachmittag verkünden. Nach Angaben Siegmanns sind am Gericht eine Reihe weiterer Unterlassungsklagen gegen Medienberichte zum Kachelmann-Verfahren anhängig. Kachelmann war im Mai 2012 nach einen rund einjährigen Prozess von dem Vorwurf freigesprochen worden, seine Ex-Freundin vergewaltigt zu haben. Das Verfahren gegen den bekannten Wettermoderator hatte bundesweit für großes Aufsehen gesorgt.