Fall Stephanie "Was ich getan habe, tut mir leid"

36 Tage lang hielt er die 14-jährige Stephanie gefangen, quälte sie und vergewaltigte sie dutzendfach. Nun hat die Staatsanwaltschaft mehr als 14 Jahre Haft für Mario M. gefordert. Seine Verteidiger plädierten für Milde, und auch der Angeklagte äußerte sich.

Im Prozess gegen den Entführer und Peiniger der Schülerin Stephanie hat die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von 14 Jahren und neun Monaten für den Angeklagten Mario M. gefordert. Vor dem Landgericht Dresden plädierte die Staatsanwältin ferner für die anschließende Sicherungsverwahrung des 36-Jährigen, weil von ihm ähnliche Straftaten zu erwarten seien.

Der vorbestrafte 36 Jahre alte Sexualtäter hatte zu Prozessbeginn gestanden, die damals 13-jährige Stephanie entführt, über fünfeinhalb Wochen gefangen gehalten, sexuell missbraucht und gequält zu haben. Ihr Vater beobachtete erneut den Prozesstag im Gericht.

Der Angeklagte habe seine sexuellen Handlungen ständig mit der Drohung verbunden, Stephanie umzubringen, sagte die Staatsanwältin. Er habe das Mädchen unter Kontrolle gehalten, es nachts gefesselt und tagsüber in eine Kiste gesperrt, wenn er weggegangen sei. Mario M. habe trotz einer Persönlichkeitsstörung gewusst, was er tat. "Es ist die Demonstration von Macht über eine Person, die nach dem Willen des Angeklagten über keinerlei Rechte verfügt", sagte die Anklagevertreterin.

Trotz schwerer seelischer Abartigkeit habe er "wissentlich und willentlich" gehandelt. Mario M. habe Stephanies Gesamtentwicklung erheblich gestört und auch die Angst der Eltern zu verantworten. Zu seinen Gunsten müssten laut Staatsanwältin und Verteidiger Andreas Boine das detaillierte Geständnis, mit dem er dem Mädchen den Auftritt vor Gericht erspart habe, und seine Persönlichkeitsstörung gewertet werden. Zudem sei die wie in kaum einem Strafverfahren erfolgte mediale Vorverurteilung zu berücksichtigen.

Geständnis soll Strafe mildern

Die Verteidigung hat kein konkretes Strafmaß für den Angeklagten Mario M. beantragt, macht aber eine Beeinträchtigung von dessen Steuerungsfähigkeit geltend. Der Rechtsanwalt Andreas Boine wies auf die vom Gutachter festgestellte psychische Störung des 36-Jährigen hin. Er bat das Gericht, das Geständnis des Angeklagten strafmildernd zu berücksichtigen. Mario M. selbst äußerte Bedauern über seine Tat: "Was ich getan habe, tut mir Leid, und ich möchte Stephanie und ihre Eltern um Verzeihung bitten." Er hoffe, dass die 14-Jährige keine schweren Schäden davontrage und das Geschehene aufarbeiten könne, sagte der Angeklagte. "Ich möchte lernen, niemals wieder jemandem wehzutun", fügte er hinzu.

Als Vertreter der Nebenklage forderte der Opferjurist Ulrich von Jeinsen, die Höchststrafe von 15 Jahren voll auszuschöpfen und Sicherungsverwahrung anzuordnen. "Es gibt nichts, das den Angeklagten entlastet" sagte hingegen Nebenklage-Vertreter Ulrich von Jeinsen. Er bat das Gericht, der 14- Jährigen die Angst zu nehmen, den Angeklagten je wieder zu begegnen.

M. hat gestanden, die damals 13-jährige Schülerin im Januar verschleppt und fünf Wochen lang in seiner Wohnung gefangen gehalten und vergewaltigt zu haben. Ein Sachverständiger bescheinigte dem Angeklagten fortdauernde Gefährlichkeit und eine schwere seelische Abartigkeit. Dennoch sei er voll schuldfähig.

Vermarktung sei Belastung für Stephanie

Verteidiger Boine äußerte Zweifel an den Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung. Zu Gunsten von M. zu berücksichtigen sei die massive öffentliche Vorverurteilung und Herabwürdigung. "Auch ein Täter, der schwere Sexualstraftaten begangen hat, verdient den Schutz des Grundgesetzes und Menschenwürde", kritisierte er das Vorgehen der Nebenklage als "bedenklich".

Auch die Staatsanwältin hatte die Vermarktung von Stephanies Schicksal als weitere Belastung für das Kind bezeichnet. Dies widerspreche Opferschutz-Grundrechten, die in der Strafgesetzgebung Eingang gefunden hätten, sagte sie. "Hier ist keiner vermarktet worden. Wenn sie jemanden therapieren wollen, müssen sie Leute ansprechen", verteidigte sich von Jeinsen.

Von Jeinsen strebt nach einem Bericht der "Dresdner Neuesten Nachrichten" eine Vereinbarung mit dem Freistaat Sachsen an, bis zum 22. Dezember Stephanies Familie 312 604 Euro zu zahlen. Sollte die Landesregierung sich weigern, wolle der Anwalt gegen das Land klagen, schreibt das Blatt. Der Sprecher des sächsischen Justizministeriums, Martin Marx, bestätigte der dpa am Dienstag, dass ein entsprechendes Fax des Anwalts am Freitag eingegangen sei.

"Es muss klar werden, welche finanzielle Hilfe wir erwarten können", sagte Stephanies Vater am Rande der Verhandlung. Die Familie wolle Ruhe haben und hoffe darauf, dass Mario M. nie mehr frei komme. Das Bedauern des Täters habe für ihn keinen Wert. Mario M. hatte im Gericht sein Opfer und dessen Familie um Verzeihung gebeten. "Ich will sagen, dass mir das, was ich getan habe, Leid tut."

Erbost zeigte sich Stephanies Vater über einen Brief der Staatsanwaltschaft an die Familie. Die Entschuldigung dafür, dass sie seine Tochter nicht angehört habe, und die Absicht, sie jetzt kennen zu lernen, seien ein "Hohn". Nach Angaben des Sprechers der Staatsanwaltschaft, Christian Avenarius, habe das Schreiben nur der Klarstellung gedient. Von Jeinsen hat nach eigenen Angaben eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen des Verhaltens der Anklagebehörde eingereicht. Das Urteil soll an diesem Donnerstag verkündet werden.

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