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Spektakulärer Kriminalfall in Irland Mann begnadigt - 136 Jahre nachdem er gehängt wurde

Irlands Präsident Michael D. Higgins unterzeichnet in Dublin die posthume Begnadigung von Myles Joyce
Irlands Präsident Michael D. Higgins unterzeichnet in Dublin die posthume Begnadigung von Myles Joyce
© Brian Lawless / Picture Alliance
Irlands Präsident Michael D. Higgins hat einen Mann begnadigt, der vor fast 140 Jahren zum Tode verurteilt und gehängt worden war - in einem berüchtigten Mordfall.

Auf dem Weg zum Galgen soll er gesagt haben: "Ich werde in wenigen Augenblicken Jesus Christus sehen - auch er wurde zu unrecht aufgehängt." Der Ire Myles Joyce wurde am 15. Dezember 1882 zusammen mit zwei weiteren Männern wegen des brutalen Mordes an fünf Mitgliedern einer Familie in dem abgelegenen Dorf Maamtrasna in der Grafschaft Mayo hingerichtet - und das, obwohl zwei seiner insgesamt acht Mitangeklagten darauf bestanden, dass er unschuldig war.

Maamtrasna-Morde erschütterten Irland 

136 Jahre später hat Irlands Präsident Michael D. Higgins am Mittwoch in Dublin ein Dokument unterzeichnet, mit dem Maolra Seoighe, wie Joyce auf Irisch hieß, seine posthume Begnadigung gewährt wird. Der Präsident sprach von einer "beschämenden Episode in der irischen und britischen Geschichte" und erklärte, die Begnadigung würde "die historischen Aufzeichnungen korrigieren", wie die Nachrichtenseite "Sky News" schreibt.

Benannt nach dem abgelegenen Ort, an dem sie stattfanden, hatten die Maamtrasna-Morde vor fast 140 Jahren Irland erschüttert: Im August 1882 wurde eine Familie in ihrem Haus angegriffen. Am Ende waren fünf der sechs Familienmitglieder tot, das jüngste Opfer war erst 14, das älteste 80 Jahre alt. Ein Sohn, der achtjährige Patsy Joyce, überlebte die Attacke schwer verletzt. Er wanderte als junger Mann nach Amerika aus, wo sich seine Spur verlor.

Joyce war laut der "Irish Post" einer von zehn Beschuldigten, die nach der Bluttat festgenommen und vor Gericht gestellt wurden. Nach einem auf Englisch geführten Prozess - eine Sprache, welche die Angeklagten nicht verstanden - wurden acht Männer im Zusammenhang mit der Tat verurteilt. Drei von ihnen, darunter Myles, erhielten die Todesstrafe und wurden gehängt.

Augenzeugen hatten Geld bekommen

Spätere Nachforschung des Autoren und Journalisten Seán Ó Cuirreáin hätten ergeben, das drei angebliche Augenzeugen für ihre Aussagen von dem damaligen Gouverneur von Irland, John Spencer, bezahlt wurden, berichtet die "Irish Post". Der prominente britische Historiker Robert Kee bezeichnete die Ereignisse demnach als "einen der eklatantesten Justizirrtümer der britischen Rechtsgeschichte".

Irland Präsident Higgins hatte eine Kampagne zur Begnadigung der drei hingerichteten Männer unterstützt und im vergangenen Jahr einen Experten damit beauftragt, den Fall zu untersuchen. "Seit 1937 wurden nur fünf präsidentielle Begnadigungen ausgesprochen, und dies ist die erste in einem Fall aus der Zeit vor der Gründung des Staates", hieß es in einer Erklärung des Präsidenten.

Die Geschichte der Morde und des Prozesses sind auch Gegenstand eines Buches ("Éagóir" von Seán Ó Cuirreáin) und der Dokumentation "Maamtrasna Murders", die am Mittwoch erstmals im irischen Fernsehen gezeigt wurde. Die Produzenten des Films hoffen immer noch darauf, etwas über den Verbleib von Patsy Joyce herauszufinden.

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