Kachelmann versus Claudia D. Kämpfer im Blätterwald

Nach dem Freispruch für Jörg Kachelmann hatten viele darauf gehofft, dass der mediale Overkill ein Ende hat. Doch die Protagonisten sorgen dafür, dass die Schlacht weitergeht.

Er lässt an seinen Absichten keine Zweifel: Jörg Kachelmann will Rache. "Es gab keine Gewalt in meinem Leben. … Zivil- und strafrechtlich werde ich versuchen, alle Leute zu belangen, die das behauptet haben", kündigte der ehemalige Wettermoderator nur wenige Tage nach seinem Freispruch in einem Interview mit der "Zeit" an. Wie eine Drohung fügte er hinzu: "Alles, was deutschen, schweizerischen und amerikanischen Anwälten einfällt, möchte ich in die Schlacht werfen."

Alle, die darauf gehofft hatten, dass nach dem Ende des Prozesses endlich Ruhe im Fall Kachelmann einkehrt, müssen sich auf etliche Talkshows und zahlreiche Zeitschriftenartikel zu dem Thema einstellen. Nicht nur, weil sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Nebenklägerin eine Revision angekündigt haben und der Fall damit ein juristisch Nachspiel hat, sondern vor allem weil die die "Schlacht", von der Jörg Kachelmann spricht, in den Medien weitergehen wird. Vermutlich noch verbitterter als bislang.

Claudia D. posiert für das Cover der "Bunte"

Einen Vorgeschmack darauf liefert jetzt die Zeitschrift "Bunte". Als Replik zum Kachelmann-Interview in der "Zeit" meldet sich dort Claudia D. zu Wort. Kachelmanns Auslassungen seien "heuchlerisch", begründet die Frau, die seit Februar 2010 in der Öffentlichkeit geschwiegen hat, ihren Schritt in die Medien. Eigentlich habe sie das nie vorgehabt, und es falle ihr auch sehr schwer. "Aber die Ereignisse der vergangenen 16 Monate und der Freispruch zwingen mich dazu", sagte die 38-Jährige, die sich zum ersten Mal bewusst ungepixelt ablichten ließ.

Es ist nicht nur ein Schritt, sondern ein riesiger Sprung. Obwohl es zahlreiche Interview-Anfragen gegeben hat, Tageszeitungen und Zeitschriften sich um Claudia D. rissen, hat sie bislang geschwiegen. Bilder von ihr gab es nur wenige. Zumeist waren es Paparazzi-Aufnahmen, die ohne ihre Einwilligung gemacht wurden. Jetzt prangt ihr Gesicht auf der Titelseite einer der auflagenstärksten deutschen Zeitschriften.

Warum tut sie sich das an?

"Jetzt redet sie", heißt es auf dem Cover. Und viele fragen sich, warum? Warum tut sich die Frau, die den monatelang dauernden Prozess, den sie selbst als "Albtraum" bezeichnet, gerade hinter sich gebracht hat und von sich behauptet, Selbstmordgedanken zu haben, das an? Man habe "eine Hexenjagd" auf sie veranstaltet, sagt Claudia D der "Bunten". "Bis heute verbreiten Personen, die mich überhaupt nicht kennen, ganz bewusst Lügen über mich. Ich kann und werde das nicht mehr einfach so hinnehmen. Ich muss ja schließlich irgendwie weiterleben."

Claudia D. ist die Frau, die in der Öffentlichkeit zumeist als "die Nebenklägerin" bezeichnet wird. Vor dem Freispruch von Jörg Kachelmann wurde sie auch "das mutmaßliche Opfer" genannt. Jetzt ist daraus oft das "vermeintliche Opfer" geworden. Eine Wortschöpfung, um die drastische Formulierung "die Lügnerin" zu vermeiden. Doch genau dafür wird sie von vielen nach dem Freispruch für Jörg Kachelmann gehalten.

Kachelmann: "Der Kampf fängt erst an"

Durch ihren Schritt in die Öffentlichkeit will Claudia D. jetzt nichts weniger erreichen als das, was schon im Prozess ihr Ziel war: nicht als Lügnerin dazustehen. Doch ihr Gegenspieler, den sie als "das Monster" bezeichnet, ist der gleiche geblieben. Es ist Jörg Kachelmann, Ex-Wettermoderator, ein Medienprofi. In der Schweizer Wochenzeitung "Weltwoche" kündigt er am Mittwoch an: "Der Kampf fängt erst an." Vor Gericht habe er auf Anraten seiner Anwälte schweigen müssen, das werde sich nun ändern. "Jetzt schalte ich um, von Defensive auf Angriff. (...) Ich gehe gegen alle vor, gegen die Frau mit dem Hauptvorwurf, aber auch gegen die Trittbrettfahrerinnen. Früher oder später werden sich die Gerichte mit ihr befassen."

"Schlacht" und "Kampf" sind die Vokabeln, die Kachelmann gebraucht. Es scheint, als müsse sich Claudia D. auf einen Krieg einstellen. Zu den Waffen hat auch sie mit dem "Bunte"-Interview gegriffen. Der Gegenschlag ist erfolgt. Ob einer von beiden aus diesem Krieg als Sieger hervorgehen kann, ist fraglich. Sicher ist nur, dass dieser Krieg den Medien nutzen wird. Vor allem solchen, die beide übereinstimmend abgrundtief zu hassen meinen: die Boulevardmedien.

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