Nach der Verhaftung eines Erziehers wegen 240-fachen Kindesmissbrauchs in Hannover hat nur eines von sieben geschädigten Kindern der Polizei von sexuellen Übergriffen berichtet. Ein Mädchen, an dem sich der 32-jährige Marc L. nach eigenem Geständnis am häufigsten verging, habe dessen Angaben über Missbrauchshandlungen bestätigt, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Henning Meier, in Hannover. Die übrigen sechs kleinen Kinder hätten keine Erinnerung an sexuelle Übergriffe ihres Erziehers. Der Beschuldigte hatte nach seiner Verhaftung ein umfassendes Geständnis abgelegt.
Das Aussageverhalten der Kinder erklärte Oberstaatsanwalt Meier vor allem mit dem Alter der Opfer, die zum Zeitpunkt der Taten zwischen vier und sechs Jahren alt gewesen seien. Bei sehr kleinen Kindern müsse es gravierende Vorfälle geben, damit sie sich in das Langzeitgedächtnis einprägten. Man hoffe, dass es bei den meisten Kinder keine sehr schlimmen Vorfälle gegeben habe. Es gebe weiterhin keine Anzeichen dafür, dass der Erzieher Gewalt gegen die Kinder angewandt habe. Man habe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass andere Mitarbeiter der Kindertagesstätte bewusst weggeschaut hätten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bisher nur gegen den Erzieher.
Psychologische Betreuung für Eltern und Kinder
Nach Angaben des niedersächsischen Landesjugendamts darf die Kindertagesstätte nur dann ihren Betrieb wieder aufnehmen, wenn zugleich für Kinder, Eltern und Personal eine zusätzliche psychologische Betreuung oder Beratung gewährleistet ist. Eltern und Kindern müsse eine psychologische Betreuung in Einzelgesprächen angeboten werden. Auch dem Mitarbeiterteam, das für jede Unterstützung dankbar sei, müssten besonders geschulte Psychologen beratend zur Seite stehen, sagte der zuständige Dezernent des Landesjugendamts, Ludwig Hecke. Bislang sei noch unklar, ob der Träger der Tagesstätte die psychologische Beratung und Hilfestellung bis zum kommenden Montag organisieren könne. Unter Umständen bleibe die Tagesstätte daher noch länger geschlossen.
Seit 2002 soll der Erzieher sich an zwei Jungen und fünf Mädchen in der Kindertagesstätte "Rasselbande" vergangen haben. Besonders die Leiterin musste herbe Vorwürfe einstecken. Viele Eltern können es sich nicht vorstellen, wie 240 sexuelle Übergriffe unbemerkt bleiben konnten. "Die haben sich nicht gekümmert", meint die Mutter eines dreijährigen Mädchens beim Elternabend in der Kita wütend. Eine andere Mutter sagt: "Kinder und Männer, das ist immer so eine Gratwanderung, wann darf man den Verdacht äußern und wann nicht."