Polizisten kriechen am Boden, werden von anderen Polizisten am Elektro- und Würgehalsband geführt und müssen so lange irgendwelche Dinge trinken und essen, bis sie sich erbrechen. stern.de hat diese Szenen aus der bayerischen Polizeihundeschule Herzogau beschrieben, weil der Redaktion entsprechende Fotos vorlagen. Und obwohl wir diese Bilder nicht veröffentlicht haben, um eine Identifikation unserer Quelle zu verhindern, hat alleine die Beschreibung und das Wissen um die Existenz dieser Bilder, die Diskussion über die Vorfälle in Herzogau grundlegend verändert.
Schluss mit der Mär von der Mordsgaudi
Schlagartig war Schluss mit dem Verharmlosungsquatsch, die Hundeführertaufe sei eine "Mordsgaudi" gewesen. Den Begriff hatte der Regensburger Leitende Oberstaatsanwalt Günther Ruckdäschel nach turboschnellen "Ermittlungen" verbreitet. Wie dieser Mann, der erst seit zwei Wochen Behördenchef in Regensburg ist, die Angelegenheit verharmlosen wollte, zeigt die Behauptung in seiner Erklärung, den Täuflingen sei "das Hundesgeschirr angelegt" worden. Von den befragten Hundeführerinnen kann der Begriff vernünftigerweise nicht kommen sein, denn jede von ihnen weiß, dass ein Hundegeschirr viel zu klein und schmal ist, um es einem Menschen anzulegen. Nein, viel wahrscheinlicher ist, dass Ruckdäschel bewusst die Wörter "Halsband", "Elektrohalsband" oder "Würgehalsband" vermeiden wollte, weil sie einfach nicht zur "Mordsgaudi" passen. Weder sich selbst als Jurist noch der Sache hat der Herr Oberstaatsanwalt mit dieser Presseerklärung einen Gefallen getan.
Dabei geht es gar nicht darum, jetzt "Strafen", "Disziplinarstrafen" und Ähnliches zu fordern. Weder für die Vorgesetzten, noch für die Hundeführer. Es ist doch genau dieses ständige Drohen und Strafen, dieses unflexible hierarchische System von Befehl und Gehorsam, das offenbar dazu geführt hat, dass die Hundeführer Spaß daran hatten, sich wie ihre eigenen Hunde aufzuführen. Zweifellos denken die meisten von ihnen immer noch, dass alle anderen, die das abscheulich und entwürdigend finden, nichts weiter seien als humorlose Moralapostel.
Dass der bayerische Innenminister Joachim Herrmann das merkwürdige Taufritual sofort verboten hat, war sicherlich richtig. Aber nun geht es darum, den Polizisten zu erklären, warum. Nicht in einer Atmosphäre der Angst, sondern der Aufklärung. Dazu muss erst einmal alles auf den Tisch. Was ist da wirklich passiert? Wie erging es denen, die sich geweigert haben, mitzumachen? Was haben die gedacht, die die Taufe über sich ergehen ließen? All das muss offen erzählt werden können ohne Angst vor Strafe und Mobbing.
Was für Polizisten wollen wir
Und dann muss man mit den Beamten diskutieren, was an solchen Dingen so bedenklich ist. Der Staat, beziehungsweise die Polizei, haben im Notfall bekanntlich das Gewaltmonopol. Deshalb wollen wir keine Polizisten, die den Spaß an sadistischen Spielchen kultivieren, weil man dann Angst davor hat, was im Ernstfall so alles passieren kann. Wir wollen keine Polizisten, die nicht lernen, sich dem Gruppenzwang entgegenzustellen, weil man ihnen dann ihre Unabhängigkeit und Überparteilichkeit nicht mehr abnimmt. Und wir wollen keine Polizisten, die bei Vernehmungen lügen oder Mauern des Schweigens aufbauen. Was tun solche Leute, wenn es einmal um unsere Rechte geht? Wir wollen nicht um unsere staatsbürgerlichen Rechte fürchten. Nie, nie wieder. Kapiert?