Nach dem großen Erfolg des deutschen Films "Im Westen nichts Neues" bei der Oscar-Verleihung hat der Sicherheitsexperte Christian Mölling davor gewarnt, aus dem dort gezeigten Gemetzel im Ersten Weltkrieg einfache Lehren für den Ukraine-Konflikt abzuleiten. Mölling sagte am Dienstag im stern-Podcast "Ukraine – die Lage", wenn man von der Westfront 1917 auf die Lage in Bachmut 2023 schließe, "dann fehlt ein Zwischenschritt". Nämlich die Befreiung Europas von der Gefahr einer Nazi-Herrschaft über den Kontinent im Zweiten Weltkrieg. Diese Befreiung sei nur durch Gewalt und "das Töten von Menschen" möglich gewesen, betonte der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. "Das ist eine schwierige moralische Entscheidung, aber man kann die nicht wegwischen mit einem einfachen 'Nie wieder Krieg heißt, nie wieder Waffen in die Hand nehmen'.“ Mölling argumentierte, dass die Überwindung von Gewalt in manchen historischen Situationen erfordere, dass man Gewalt anwende. "Es gibt das Böse, und das Böse darf bekämpft werden", sagte er mit Verweis auf den Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer.
Christian Mölling: lieber das Buch lesen
Mölling riet dazu, lieber das Buch von Erich Maria Remarque zu lesen, als den Film anzuschauen, "egal wie viele Oscars der gewonnen hat". Insgesamt hatte das Werk von Regisseur Edward Berger vier Preise erhalten, darunter den als bester ausländischer Film. Während der Film nach den Worten Möllings vor allem Kriegsszenen zeige, demonstriere Remarques Welterfolg, wie radikal der Krieg Menschen verändere. "Das eine ist die Materialschlacht, das andere ist: Was macht die Schlacht mit den Menschen", sagte er. Schrecklich und tragisch am Krieg sei insbesondere, dass er so lange nachwirke. "Wir reden hier über eine Generation oder mehr.“
Konzepte für spätere Verhandlungen sind notwendig
Trotz dieser verheerenden Folgen warb Mölling dafür, die Ukraine in ihrem Kampf weiter zu unterstützen. Sinnvoll sei es aber auch, jetzt schon Konzepte für spätere Verhandlungen vorzubereiten, wie dies der frühere Spitzendiplomat Wolfgang Ischinger vorgeschlagen hatte. "Es ist wichtig, sich auf viele Optionen vorzubereiten“, sagte Mölling. Zudem gehe es auch mit Blick auf die festgefahrenen Debatten zwischen Befürwortern und Gegnern von sofortigen Verhandlungen darum, "in eine positive Vorwärtsbewegung zu kommen".