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Lutz Drach Der Schweiger

Wenn Lutz Drach, der Bruder des Reemtsma-Entführers, von Wachleuten in den Gerichtssaal geführt wurde, glich das Bild sich an jedem Prozesstag: Er schwieg. Geheimnisvoll bleibt das Verschwinden der 15 Millionen Euro Lösegeld.

Lutz Drach schweigt. Während der elf Prozesstage vor dem Aachener Landgericht hat er kein einziges vernehmbares Wort gesprochen. Sein Teilgeständnis musste der Anwalt verlesen: Ja, er war an dem Transfer von sechs Millionen Schweizer Franken aus dem Reemtsma-Lösegeld beteiligt. Es war eine Gefälligkeit für seinen Bruder Thomas, der Drahtzieher der Reemtsma-Entführung vor acht Jahren. Und für seine Dienste habe der jüngere Bruder kein Geld bekommen.

Strafmaß von zehn Jahren möglich

Kleines Licht oder Bandenmitglied, Gefälligkeit oder lukratives Geschäft - diese Fragen werden entscheidend für das Strafmaß von Lutz Drach sein. Am kommenden Dienstag (26. Oktober) werden die Plädoyers gehalten, am Donnerstag (28. Oktober) ergeht das Urteil. Bei einfacher Geldwäsche käme Drach mit höchstens fünf Jahren Haft davon. Weist ihm die Staatsanwaltschaft, wie angeklagt, banden- und gewerbsmäßige Geldwäsche nach, könnte das Strafmaß auf zehn Jahre hochschnellen.

Für die Anklage war das bisher ein zähes Unterfangen. Der Hauptzeuge hatte zwar als Geld-Kurier Kontakt zu Lutz Drach - aber zu dessen Rolle im kriminellen Geflecht der Geldwäscher konnte er nichts sagen. Andere Zeugen aus dem kriminellen Milieu verweigerten die Aussage. Und der Angeklagte Lutz Drach selbst schweigt. Er ist kaum zu durchschauen.

Jeden Prozesstag das gleiche Bild: Der 43-Jährige wird von den Wachleuten in den Gerichtssaal geführt, sie nehmen ihm die Handschellen ab, Drach nimmt Platz, begrüßt seinen Anwalt, dreht den Zuschauern den Rücken zu, legt seinen Kopf auf den abgestützten Unterarm und schaut zum Richter. Kurz vor den Plädoyers dann die Wendung: Der Anwalt verlas eine Erklärung Drachs. Darin war der 43-Jährige bemüht, sich als liebenden Ehemann und Vater eines Adoptivsohns darzustellen, der mit seiner Familie in Brasilien ein bescheidenes und zufriedenes Leben führt. Die Geldtransporte bezeichnete er als reine Gefälligkeit für den Bruder. Der Richter wollte nachfragen - der Angeklagte schwieg.

Von den Erwartungen, der Mann werde acht Jahre nach der Entführung das Geheimnis der verschwundenen 15 Millionen Euro Lösegeld enthüllen, spricht längst niemand mehr. Klar wurde in dem Prozess, dass Lutz Drach kein unbeschriebenes Blatt ist: aufgewachsen in Erftstadt in geordneten Verhältnissen - Vater Buchhalter, Mutter Sekretärin - guter Hauptschulabschluss, aber keine Berufsausbildung.

Kriminelle Karriere mit 15 Jahren begonnen

Die kriminelle Karriere begann mit 15 Jahren: Drogenmissbrauch, Hehlerei, schwerer Überfall auf einen Juwelier, zuletzt Geldwäsche ebenfalls im Zusammenhang mit der Reemtsma-Entführung. Lutz Drach hatte kurz nach der Freilassung Reemtsmas in einer Pension 27 000 Dollar aus dem Lösegeld von seinem Bruder bekommen. Dafür saß er 18 Monate im Gefängnis.

Ein Jahr nach seiner Freilassung meldete er sich bei seinem Bewährungshelfer unter neuer Adresse in Rio de Janeiro: Bruder Thomas war wegen der Reemtsma-Entführung festgenommen worden und saß in Brasilien im Gefängnis. Der jüngere Bruder Lutz wollte ihm "Hilfestellung" leisten. Aus verschiedenen Protokollen wurde deutlich, dass das Verhältnis der beiden sehr angespannt war.

Elke Silberer/DPa DPA

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