Experteninterview "Ich stand unter Personenschutz"

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  • von Uta Eisenhardt
Thorsten Cloidt
Thorsten Cloidt arbeitet als Staatsanwalt in Berlin mit dem Schwerpunkt Rocker- und Clankriminalität
© Gene Glover/Agentur Focus
Thorsten Cloidts Job ist nicht frei von Risiken. Er ist Staatsanwalt in Berlin. Sein Fachgebiet: die Organisierte Kriminalität.

Herr Cloidt, Sie sind Oberstaatsanwalt in Berlin und vor allem zuständig für die Organisierte Kriminalität. Womit beschäftigen Sie sich genau?
Wir haben hier die ganze Bandbreite, das reicht von Falschgeld, Schutzgelderpressung über Rauschgifthandel, Raub und organisierten Wohnungseinbruch bis hin zu Tötungsverbrechen – wenn sie einen Bezug zur Organisierten Kriminalität haben, wie der Rockermord 2014. Damals wurde ein Mitglied einer konkurrierenden Rockergruppierung von den Hells Angels erschossen. Das haben wir aufgeklärt. Die anschließende Verhandlung war die längste, die je in Berlin geführt wurde. Nach fünf Jahren sind neun Beschuldigte zu lebenslanger und zwei Beschuldigte zu Freiheitsstrafen verurteilt worden.

Berlin gilt als Hauptstadt des organisierten Verbrechens. Mit welchen Banden haben Sie es vorwiegend zu tun?
Berlin ist die Großstadt, die sich am nächsten zu Osteuropa befindet. Deshalb kam die Kriminalität nach der Wiedervereinigung vor allem aus diesen Ländern. Damals habe ich im Rotlichtbereich ermittelt. Da waren zum Beispiel viele Bulgaren aktiv. Auch die russische OK war ein neues Thema. Auf der Kantstraße gab es damals noch russische Im-und-Export-Läden, die eigentlich Geldwäscheorganisationen waren: Dort ist nie ein Kunde hineingegangen. Auch wenn diese Läden längst Vergangenheit sind, ist die russische OK nach wie vor aktiv. Es war schwierig, der Spur des Geldes zu folgen und es den Kriminellen wegzunehmen. Das ist mittlerweile leichter geworden, weil sich die Gesetze geändert haben.

Erschienen in stern Crime 56/2024