Kottbusser Tor in Berlin 30-Jähriger stirbt nach Stoß vor Zug – Begleiter und U-Bahnfahrer mussten alles mit ansehen

Berliner U-Bahnstation Kottbusser Tor
Die Tat ereignete sich auf dem Tunnelbahnsteig der Berliner U-Bahnstation Kottbusser Tor (Archivbild)
© Christoph Soeder / DPA
In der Nacht zu Mittwoch wurde in Berlin ein 30-Jähriger durch einen Stoß vor eine einfahrende U-Bahn getötet. Die Hintergründe der Tat sind noch unklar, die Mordkommission der Polizei ermittelt. Der betroffene U-Bahnfahrer erlitt indes einen Schock.

Wieder ein Stoß vor eine Bahn, wieder ein Toter, wieder Fassungslosigkeit, wieder Leid. In Berlin ermittelt eine Mordkommission der Polizei, nachdem dort in der Nacht zu Mittwoch am U-Bahnhof Kottbusser Tor im Stadtteil Kreuzberg ein 30-Jähriger vor einen einfahrenden Zug geschubst wurde. Die Bahn der Linie U8 erfasste das Opfer, es starb noch am Tatort. Das teilte die Polizei in der Hauptstadt mit.

Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler gab es auf dem Bahnsteig der Tunnelstation einen Streit von einer Personengruppe mit dem späteren Opfer und seinem im Rollstuhl sitzenden Begleiter. Im Verlauf der Auseinandersetzung wurde der 30-jährige in Berlin lebende Iraner von einem Mann ins Gleisbett gestoßen. Eine herannahende U-Bahn konnte nicht mehr bremsen. Worum es in dem Streit ging, sei noch vollkommen unklar, sagte eine Polizeisprecherin am Nachmittag zum stern. Auch zum genauen Hergang der Tat in der Tunnelstation konnten die Beamten zunächst keine gesicherten Angaben machen. Es seien viele Gerüchte im Umlauf hieß, es. "Das alles ist Teil der Ermittlungen", sagte die Sprecherin. Dazu wurde inzwischen auch der begleitende Rollstuhlfahrer vernommen werden können. Er habe sehr unter dem Eindruck des Erlebten gestanden.

Berliner Polizei wertet Videoaufnahmen aus

Der Täter ist laut Polizei noch auf der Flucht. Hinweise zu ihm und zum Verlauf der Auseinandersetzung versprechen sich die Ermittler durch die Auswertung der Videoaufzeichnung in dem U-Bahnhof und die Befragungen von Beobachtern der Tat. Wann und ob nach dem Täter öffentlich gefahndet wird, steht noch nicht fest. Zunächst würden alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft, so die Polizei.

Der Fahrer der U-Bahn habe einen Schock erlitten, teilte ein Sprecherin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) dem stern mit. Er werde professionell betreut. "Solch ein Vorfall ist für U-Bahnfahrer eine fürchterliche Belastung, eine ganz furchtbare Erfahrung", sagte die BVG-Mitarbeiterin. "Sie sehen, was auf sie zukommt und können nichts machen." Einige Kollegen könnten ihren Dienst im Führerstand nach einem derartigen Erlebnis nie wieder aufnehmen, die BVG setze sie dann anderweitig ein. Der Betrieb der Linie U8 war nach der Tat gegen Mitternacht für etwa eine Stunde unterbrochen.

Zeugen der Tat beschrieben Reportern des Berliner "Tagesspiegels", dass es sich um eine Streiterei unter Drogenkonsumenten gehandelt habe. Das Opfer sei mutmaßlich versehentlich vor die Bahn gestoßen worden. Die Zeitung "B.Z." berichtete dagegen unter Berufung auf Zeugen, das Opfer habe den Rollstuhlfahrer vor einem Diebstahl bewahren wollen. Eine offizielle Bestätigung für diese Darstellungen gibt allerdings ausdrücklich noch nicht. Auch sei weiter unklar, ob der Täter tatsächlich in Tötungsabsicht gehandelt habe, sagte die Polizeisprecherin. Es werde wegen Totschlags ermittelt, meldete die Nachrichtenagentur AFP.

Fall erinnert an Frankfurter Hauptbahnhof

Der Bahnhof Kottbusser Tor und sein Umfeld gelten seit Jahren als Kriminalitätsschwerpunkt in der Hauptstadt. Drogen werden offen gehandelt, Gewalt, Beleidigungen oder Bedrohungen sind keine Seltenheit – trotz verstärkter Polizeipräsenz.

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Zuletzt hatte ein ähnlicher Fall am Hauptbahnhof von Frankfurt am Main bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Im Juli stieß ein Mann eine Mutter und ihren achtjährigen Sohn vor einen einfahrenden ICE, das Kind starb. Ein 40-Jähriger wurde festgenommen. In Berlin starb 2016 eine 20-Jährige, nachdem sie von einem psychisch kranken Mann vor eine einfahrende U-Bahn gestoßen worden war. 

Hinweis der Redaktion: Wir haben den Artikel nach der Erstveröffentlichung um die Angaben zum U-Bahnfahrer und um neue Informationen der Berliner Polizei ergänzt.

Quellen: Polizei Berlin, "Tagesspiegel", "B.Z.", Nachrichtenagenturen DPA und AFP

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