Ein pädophiler deutscher Sextourist ist wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu sechseinhalb Jahren Gefängnis und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Das Landgericht Kiel sah es als erwiesen an, dass der 49-jährige Matthias O. Ende 2006 in Kambodscha mindestens vier Jungen im Alter von sechs bis 13 Jahren mehrfach sexuell missbraucht hat.
Geplante Taten
Der aus Neumünster stammende und HIV-infizierte Mann sei zur Zeit für die Allgemeinheit gefährlich. "Er ist nicht therapiewillig", sagte der Vorsitzende Richter Stefan Becker. "Er ist pädophil, dafür kann er nichts", sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung. Pädophilie sei eine Krankheit. Der Angeklagte könne aber sehr wohl etwas für seinen Umgang mit diesen Neigungen. Es liege kein Kontrollverlust seitens des 49-Jährigen vor: "Die Taten waren nicht spontan, sondern geplant." Die Jungen waren teilweise zu Oralverkehr, teilweise zum Anfassen des Geschlechtsteils des Mannes gezwungen worden und auch selbst von ihm angefasst worden.
O. ist bereits mehrfach wegen sexuellen Missbrauchs vorbestraft. Die Absicht, seinen pädophilen Neigungen demnächst im Ausland nachzugehen, hatte er sogar vorher angekündigt. Als die deutschen Behörden ihm daraufhin den Pass entzogen, reiste er Ende 2006 mit illegalen Papieren nach Kambodscha. Dort wurde er im Februar 2007 festgenommen und über Malaysia nach Deutschland abgeschoben.
Staatsanwalt wollte längere Haft
Mit dem Urteil folgte das Gericht weitgehend der Forderung der Staatsanwaltschaft, die acht Jahre Haft und Sicherungsverwahrung gefordert hatte. Ein Sachverständiger hatte im Prozess attestiert, dass "mit hoher Wahrscheinlichkeit" von O. weitere erhebliche Straftaten zu erwarten seien. Als strafverschärfend wertete das Gericht, dass O. seine Taten trotz einer bekannten HIV-Infektion beging. "Das zeigt, wie bedenkenlos der Angeklagte handelt", betonte Richter Becker. Auch wenn die Ansteckungsgefahr statistisch gering sei, entstehe doch eine besondere Angst bei den Opfern, wenn diese von der Infektion erführen.
Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Sie kündigte bereits Revision an, weil die Aussagen der kambodschanischen Zeugen für eine Identifizierung als Täter nicht ausreichten. Insgesamt waren für die Verhandlung 14 Zeugen aus Kambodscha eingeflogen worden, darunter sieben Kinder. Die Aussagen einiger Kinder wertete das Gericht nicht, weil sie infolge langjähriger Klebstoffschnüffelei in ihrer Zeugentüchtigkeit zu stark eingeschränkt seien. Die anderen hielt das Gericht jedoch für glaubhaft.
Als durchaus kritisch werteten die Richter die Rolle der in Kambodscha tätigen französischen Kinderhilfsorganisation Action Pour Les Enfants (APLE). Diese hatte O. nach seiner Einreise zunächst observiert und den kambodschanischen Behörden gemeldet. Auch führte APLE selber Zeugenbefragungen durch, die laut Gericht jedoch nicht immer fachgerecht waren. Die Deutsche Kinderhilfe begrüßte das Kieler Urteil. "Die Verhängung der Sicherungsverwahrung ist die derzeit bestmögliche Entscheidung, Kinder vor diesem Triebtäter zu schützen", hieß es in einer Erklärung. Die Organisation kritisierte, die Hürden für die Sicherungsverwahrung seien hierzulande nach wie vor viel zu hoch und forderte strengere Maßnahmen.